Karl Nolle, MdL

Kleine und große Leute in schwerer See

 
Dass Regierungschef Georg Milbradt (CDU) mitten in der Korruptionsaffäre zur Dienstreise nach China aufgebrochen ist, hat ihm nicht gerade Lob eingebracht. Erst ätzte der Linke André Hahn, der Ministerpräsident beschäftige sich „lieber mit der demographischen Entwicklung in China, statt vor Ort die drängenden Probleme zu lösen“. Dann legte die Grüne Antje Hermenau nach: „Es war ein schwerer Fehler, dass der Ministerpräsident aufbrach, ohne davor im Kabinett für Ordnung zu sorgen.“ Bei so viel Kritik der Opposition dürfte dem Gescholtenen eine heimliche Stimme aus der eigenen CDU-Fraktion wie Balsam vorkommen. „Natürlich begrüße ich die Reise meines Regierungschefs nach China“, meinte ein nicht gerade groß gewachsener Christdemokrat ironisch zum Stand der Dinge. „Da kümmert er sich wenigstens mal um die kleinen Leute im Osten.“

Auch Sachsens SPD paddelt dieser Tage auf stürmischer See – und wird von den Wogen der Affäre in immer neue Richtungen getrieben. Mal erklären die Sozialdemokraten – völlig verärgert über den Umgang der CDU-Minister und des Regierungschefs mit der Korruptionsaffäre – sie lassen sich vom Koalitionspartner „nicht in Haftung nehmen“, ja, so gehe es überhaupt nicht weiter. Dann beteuert die SPD-Spitze, „dass wir hinter der Koalition stehen, ist keine Frage“ – aber sie wolle schon wissen, wohinter sie eigentlich genau stehe. Zwischenzeitlich betont der Parteivorsitzende Herr Jurk, die Koalition sei „ernsthaft gefährdet“, wenn es zu weiteren Pannen komme. Und zu guter Letzt heißt es dann aus dem Wirtschaftsministerium: Nun warten wir erstmal den Prüfbericht des Innenressorts ab. Das ganze Schauspiel wirkt ein bisschen wie ein Schlauchboot, das in Stürme, Strudel und Wirbel gerät und zuweilen mal die Orientierung verliert. Neue Kursänderungen dürften diese Woche zu erwarten sein. Die Rückkehr Milbradts, der Prüfbericht aus dem Verfassungsschutz und die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses bewirken sicher wieder heftige Windstöße.