Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 04.07.2007

"Zu viele Fragen sind offen"

Warum SPD-Parlamentarier Karl Nolle heute gegen die Umwandlung der Sachsen,LB stimmt
 
Leipzig. Der Landtag entscheidet heute über die Umwandlung der SachsenLB in eine Aktiengesellschaft. Auf der Tagesordnung steht die zweite Lesung; falls es zur dritten nicht mehr reichen sollte, ist diese für Freitag vorgesehen. Mit der erwarteten Zustimmung der Abgeordneten wäre die neue Rechtsform beschlossen, Voraussetzung für den geplanten Einstieg weiterer Aktionäre, etwa der WestLB. Karl Nolle, Obmann der SPD in mehreren Untersuchungsausschüssen zur SachsenLB, warnt die Parlamentarier, Einwirkungsmöglichkeiten aufzugeben: Es gebe keinen Grund, Entscheidungen übers Knie zu brechen.

Frage: Die meisten Ihrer SPD-Fraktionskollegen werden heute wohl für die Umwandlung der SachsenLB votieren. Warum stimmen Sie dagegen?

Karl Nolle: Ich bin nicht grundsätzlich gegen die Umwandlung der Landesbank in eine Aktiengesellschaft. Diese Rechtsform hat eine Menge Vorteile: Die Transparenz einer AG ist größer und die Kontrollmöglichkeiten sind es auch. Mich stört, dass das Parlament nach Zustimmung zum Umwandlungsgesetz kaum noch Einflussnahme- und Kontrollmöglichkeiten haben soll. Daher hängt meine Zustimmung davon ab, ob der Landtag bei wichtigen Fragen zur SachsenLB ein Mitspracherecht erhält. Wird das abgelehnt, kann ich dem Gesetz nicht zustimmen.

Die Rechtsformumwandlung wird ja nicht erst seit gestern verfolgt. Warum halten Sie das für überstürzt?

Weil zu viele Fragen zur Zukunft der Bank noch nicht beantwortet sind. Die Abstimmung über die Umwandlung ist aber die letzte Möglichkeit des Parlaments, auf die Zukunft der SachsenLB Einfluss zu nehmen. Auf diese Tatsache hat sogar der Landesrechnungshof hingewiesen. Künftig wird das Schicksal der Bank von den Aktionären bestimmt. Anteilseigner sind heute der Freistaat, vertreten durch den Finanzminister, und die Sachsen-Finanzgruppe SFG. Selbst der Finanzminister lässt offen, wer künftig Aktionär bei der Landesbank Sachsen sein soll.

Sie fürchten einen Freibrief?

Genau. Es geht aber nicht um irgendeine Bank. Die Beteiligung an der SachsenLB ist öffentliches Vermögen. Dafür ist der Landtag den sächsischen Bürgern verantwortlich. Deshalb kann ich dem Gesetz nicht zustimmen – solange nicht verbindlich gesagt wird, was für die Zukunft der SachsenLB geplant ist. Wie viele Anteile will Sachsen behalten? Zieht sich die SFG teilweise oder ganz zurück? Wird die Stuttgarter LBBW die WestLB übernehmen, oder wird es eine Holding geben, unter der alle Landesbanken vereint werden? Wie will Sachsen dabei mitreden, wenn der Freistaat nun voreilig und ohne erkennbare Not Anteile der SachsenLB an die WestLB verramscht?

Der Weg zur WestLB scheint aber doch vorgezeichnet.

Sachsens Regierung muss dem Landtag klar sagen: Gibt es eine Festlegung auf die WestLB, die nicht mehr zurück genommen werden kann? Wenn nicht: Warum wird der Einstieg der WestLB nicht zurückgestellt, bis klar ist, was aus der WestLB wird und wie sich die Landesbanken-Landschaft neu ordnet?

Dass die WestLB bei der SachsenLB einsteigen soll, wurde 2005 vereinbart.

Die Situation hat sich grundlegend geändert. Zum einen hat sich die SachsenLB erholt, Rating und Ergebnis haben sich deutlich verbessert. Zum anderen ist die Landesbanken-Landschaft spätestens mit dem LBB-Verkauf in Bewegung geraten. Berlin hat auch gezeigt, dass es nicht opportun ist, eine Bank in der Phase der Konsolidierung unter Ausschaltung von Wettbewerb zu veräußern. Für Berlin hat 2002 kein ernsthaftes Angebot vorgelegen – jetzt werden fünf Milliarden Euro gezahlt. Ferner stellt sich die Frage, ob die SachsenLB überhaupt einen Partner braucht – und wenn ja, wen und zu welchen Bedingungen?

Wollen Sie etwa einen Bieterwettbewerb wie bei der LBB in Berlin?

Warum nicht. Wenn man sich dafür entscheidet, die Anteile zu verkaufen, sollte man schauen, dass man den höchsten Preis dafür bekommt.

Sollen sich daran auch Privatbanken beteiligen können?

Die wird man nicht ausschließen können. Eine Lösung wie in Berlin mit der Übernahme der Landesbank durch den Sparkassen-Verband fände ich aber am besten. Öffentlich-rechtliche Häuser sollten auch im öffentlich-rechtlichen Lager bleiben.

Soll sich Sachsen ganz aus der Landesbank zurückziehen, so wie es Berlin ebenfalls vorgemacht hat?

Wenn die heutigen Eigner, Freistaat und SFG, nur noch marginal und mittelbar über mehrere Holding-Stufen hinweg an der SachsenLB beteiligt sind, wie das bei einem Zusammenschluss mit der WestLB offenbar geplant ist, dann haben Unternehmen und Bürger im Freistaat keine Vorteile mehr von dieser Landesbank zu erwarten. Wird da denn noch der sächsischen Wirtschaft geholfen oder wird eher auf dem Weltmarkt spekuliert? Dann sollte man doch lieber gleich konsequent dem Beispiel Berlins folgen – und alle Anteile öffentlich zum Kauf anbieten.
Interview: Thomas Strohm

Karl Nolle im Webseitentest
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