Dresdner Morgenpost, 05.07.2007
Super-GAU
Kommentar von Stefan Locke
Die Akten-Affäre entwickelt sich zum Super-GAU für Koalition und Regierung. Zwar beteuern CDU und SPD, wie sehr sie doch an Aufklärung interessiert sind. Doch den Untersuchungsausschuss dazu lassen sie platzen.
Dieses Verhalten ist geradezu grotesk. Erstens, weil beide nun deutschland-
weit als Aufklärungsverhinderer da stehen. Zweitens, weil der Ausschuss ohnehin kommt. Die Verfassung garantiert der Opposition das Recht darauf.
Der Vorwurf eines verfassungswidrigen U Untersuchungsauftrags ist mehr als fadenscheinig. Der Untersuchungsauftrag zur Aktenaffäre ist nicht unpräziser formuliert als etwa der zum Landesbank-Skandal. Und der hat schon vier Leute ihren Job gekostet.
Offenbar ist die Koalition von ähnlicher Angst getrieben. Der Ministerpräsident beschimpft deshalb die, die den Skandal aufdecken. Zudem soll die „rechtzeitig" entdeckte Panne beim Verfassungsschutz in einem Fall (!) die Öffentlichkeit wohl glauben machen, dass auch der große Rest der Affäre haltlos sei.
Diese Möglichkeit besteht - nur ist dafür eben Aufklärung nötig. Da ist es zwar nicht verwunderlich, aber eben kontraproduktiv, wenn die CDU die - natürlich auch politisch motivierten - Untersuchungsforderungen von Grünen, FDP und Linken als „SED-Klassenjustiz" diskreditiert.
Völlig unverständlich aber ist, dass die SPD das alles mitmacht. Die Sozialdemokraten sind gar drauf und dran, eine der innigsten CDU-Forderungen zu erfüllen: Karl Nolle nicht zum Obmann im Untersuchungsausschuss zu machen. Nolle hatte eine jetzt als „Panne" deklarierte Abstimmung in der Fraktion verloren. Sollte sich das wiederholen, wäre das auch der Super-GAU für die SPD.