Agenturen ddp-lsc, 16:28 Uhr, 09.07.2007
Von der SPD zur Linken: Saarländer aus Sachsen stützt Lafontaine
Dresden/Berlin (dpa) - Es ist kein Beinbruch für die SPD, aber ein schmerzhafter Stich: Während ihr Bundestagsfraktionschef Peter Struck zur Attacke gegen die sich in den Westen ausdehnende neue Linke bläst, verkündet ein langjähriger Sozialdemokrat aus dem Saarland seinen Parteiübertritt. Und erklärt auch noch, er wolle seinem bei den Genossen geschmähten Vorbild, dem Ex-SPD-Chef und jetzt Linke- Vorsitzenden Oskar Lafontaine, helfen, wieder Ministerpräsident im Saarland zu werden.
«Enttäuschung und Zorn» haben den Geschäftsführer der sächsischen SPD-Fraktion, Leo Stefan Schmitt, nach eigenen Worten zur Abkehr von seiner Partei getrieben. Viele Jahre war Schmitt Abgeordneter im saarländischen Landtag, ehe er im Jahr 2000 Angestellter der sächsischen SPD-Fraktion wurde.
Die neue politische Heimat empfing Schmitt am Montag mit offenen Armen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion im Bundestag Ulrich Maurer hatte für den 55-Jährigen selbstverständlich einen Platz im Terminkalender frei. Ihr Gespräch war ein Treffen von gleichgesinnten Abtrünnigen. Denn Maurer ist neben Lafontaine der prominenteste SPD-Politiker, der zur Linken wechselte. Seine Worte in Richtung SPD: «Wenn sie nicht begreift, dass sie ihre Politik ändern muss, werden sich Mitglieder an der Basis gezwungen sehen, die Partei zu verlassen.» Die Linke vertrete die Werte, die die SPD einst gehabt habe.
Der Zeitpunkt, zu dem Schmitt seinen Austritt aus der SPD verkündete, ist nicht nur mit Blick auf die bundespolitische Debatte sorgfältig gewählt. Schmitt selbst meint, er habe sich damit am Sonntag selbst ein Geburtstagsgeschenk gemacht. Er zielt aber auch auf die Sachsen-SPD. Die reagiert zwar demonstrativ gelassen - «Reisende soll man nicht aufhalten» - aber die Nachricht trifft sie in einer äußerst angespannten Situation. Sie liegt im Clinch mit dem Koalitionspartner CDU. Hintergrund ist der Streit um einen Untersuchungsausschuss zur Affäre um den Verfassungsschutz, den die SPD will, die Union aber vehement ablehnt. Intern wird von beiden Seiten sogar ein Bruch der Koalition nicht ausgeschlossen.
Schon lange grantelte Schmitt mit den eigenen Genossen: Agenda 2010 und Hartz-Gesetze oder Auslandseinsätze der Bundeswehr. Nun wird in Sachsen nicht mehr damit hinter dem Berg gehalten, dass Schmitt zuletzt nicht mehr das Vertrauen der eigenen Genossen hatte. Die Arbeitsfähigkeit der Fraktion habe unter ihm gelitten. «Was er jetzt macht, das ist link, nicht links», kommentiert der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Martin Dulig. Der designierte SPD- Generalsekretär Dirk Panter fügt hinzu: «Das ist ein Einzelfall, was die sächsische Funktionärsebene angeht.»
«Lafontaine will Ministerpräsident werden und ich habe bei ihm noch nicht festgestellt, dass er nicht erreicht hat, was er sich vorgenommen hat», sagt Schmitt. Er will in seinem rund 7500 Einwohner zählenden Heimatort Bous bei Saarbrücken im August einen Ortsverein der Linken gründen. Hier war er SPD-Ortsvereinsmitglied, bis er im Jahr 2000 nach Sachsen ging. Der SPD-Ortsverein habe damals 480 Mitglieder gehabt, heute seien es noch 240. Schmitt ist sicher, dass rund 50 SPD-Mitglieder zur Ortsvereinsgründung der Linken kommen - und übertreten werden. «Die warten nur darauf, dass einer die Sache in die Hand nimmt.»
Von Petra Strutz und Kristina Dunz
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