Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 10.07.2007

Wechsel aus Enttäuschung

Fraktionsgeschäftsführer Schmitt verlässt SPD nach 35 Jahren und will zur Lafontaine-Partei
 
Dresden. Es war eine Abkehr von der politischen Heimat nach 35 Jahren: Am vergangenen Sonntag, pünktlich zu seinem 55. Geburtstag, hat der Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion, Leo Stefan Schmitt, sein Parteibuch abgegeben. Dabei kehrt der gebürtige Saarländer nicht nur den Sozialdemokraten den Rücken, als Paukenschlag hat er auch gleich noch den Wechsel hin zur Partei Die Linke präsentiert. Als Grund nannte er Enttäuschung auf breiter Linie – über die Bundes-SPD, die mit Hartz IV und anderen Gesetzen ihr sozialpolitisches Profil eingebüßt habe; über die Sachsen-SPD und deren Schmusekurs mit dem Koalitionspartner CDU.

Bereits Ende vergangener Woche hatte sich Schmitt in Berlin mit dem Co-Vorsitzenden der neuen Linken und früheren SPD-Parteichef Oskar Lafontaine getroffen. Dabei ging es ganz offenbar auch um letzte Absprachen des geplanten Parteiübertritts. Am Donnerstag wolle er einen Antrag auf Mitgliedschaft in der Linken stellen, hieß es. Und auch hier scheint der weitere Weg geebnet. So soll Schmitt einen Job bei der Bundestagsfraktion erhalten – in der Bund-Länder-Koordinierung.

Für die neue Linke ist dies ein gefundenes Fressen. Die Partei gewinne einen „kritischen und klugen Kopf“, sagten der designierte Fraktionschef André Hahn und Landesgeschäftsführer Rico Gebhardt im Duett. Schmitt stehe für einen Politiker-Typ, der sich an den täglichen Sorgen der Menschen orientiere. Die Sachsen-SPD dagegen reagierte verschnupft. Er sei „politisch und menschlich enttäuscht“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Martin Dulig. Der Austritt von Schmitt habe sich schon länger angedeutet. Jetzt sei es „nur konsequent, dass er geht“. Ähnlich äußerte sich der designierte SPD-Generalsekretär Dirk Panter. Er betonte aber, dass Schmitt ein Einzelfall in Sachsen bleiben werde. „Es gibt keinen Anlass zur Panik, denn Angst ist kein guter Ratgeber.“

Anders sieht das SPD-Mann Karl Nolle. „Wenn sich die SPD nicht wieder auf ihre Wurzeln besinnt, werden wir weiter rutschen und Wähler und Mitglieder zur Linken treiben.“ Auch CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer meinte, „dass es noch viele in der SPD gibt, die im Kopf eher bei den Linken als in der eigenen Partei sind“.

Schmitt saß von 1980 bis 1999 als Abgeordneter im saarländischen Landtag, seit 1991 als Parlamentarischer Geschäftsführer. Im Jahr 2000 wechselte er als Fraktionsgeschäftsführer nach Sachsen. Der 1952 in Großrosseln (Saarland) geborene Vater zweier Töchter verlässt die SPD offenbar auch wegen deren Rolle in der schwarz-roten Koalition in Sachsen. Stein des Anstoßes soll der Umgang der SPD-Spitze mit dem von der sächsischen Linken geforderten Untersuchungsausschuss in der Korruptionsaffäre gewesen sein.
von Jürgen Kochinke

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