Dresdner Morgenpost, 10.07.2007
SPD unter Schock
Geschäftsführer der Fraktion läuft zur "Linken" über
DRESDEN - Paukenschlag in der Sachsen-SPD: Fraktionsgeschäftsführer Leo Stefan Schmitt (55) wechselt urplötzlich zur Linkspartei. Die Sozialdemokraten im Freistaat sind geschockt.
„Ich war völlig überrascht", sagt SPD-Fraktions-Chef Cornelius Weiss (74), den Schmitt gestern früh über seine Entscheidung informierte. „Das hatte ich nicht geahnt", so Weiss. „Ich bin sehr enttäuscht. Aber Reisende soll man nicht aufhalten." Das hätte auch nicht geklappt. Denn Schmitt hatte den Wechsel längst geplant. „Es liegt nicht an der Sachsen-SPD", sagt er. Auch mit der KorruptionsAffäre habe das nichts zu tun. „Der Grund sind die letzten acht Jahre SPD-Politik in Berlin." Die Entscheidungen für den Afghanistan-Einsatz, die Rente mit 67 und gegen den Mindestlohn waren einfach zu viel für ihn. Nach 35 Jahren kehrte Schmitt der SPD am Sonntag - seinem 55. Geburtstag-den Rücken.
Sachsens SPD reagierte aufge, schreckt. Niemand hatte jetzt mit einem so drastischen Schritt gerechnet. „Es ist aber ein Einzelfall", beruhigte Generalsekretär Dirk Panter. Doch die Partei hat nun erneut ein Personalproblem. Schmitt bekleidete sei 2000 einen verantwortungsvollen Job, organisierte die Fraktionsarbeit im Dresdner Landtag. Jetzt wird der bisherige parlamentarische Berater Kai Kerkhof kommissarisch Schmitts Aufgabe übernehmen.
Gar nicht überrascht reagierte SPD-Enfant-terrible
Karl Nolle: „Ich bedauere seinen Wechsel sehr, habe aber großes Verständnis." Der Erfolg der Linken sei das Spiegelbild der SPD-eigenen Versäumnisse, Fehler und Irrtümer. Ein Überlauf zu den Linken kommt für Nolle aber nicht infrage: „Ich hoffe immer noch, dass die SPD schneller wieder sozial wird als die Kommunisten demokratisch."
Schmitt will am Donnerstag in die Linkspartei eintreten und dann den „Aufbau West" mitorganisieren. Mit einem seiner neuen Chefs ist er schon per Du: Schmitt war lange Parlamentsgeschäftsführer der Saar-SPD unter Oskar Lafontaine.