Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp-lsc, 11:05 Uhr, 18.07.2007

«Keine vernünftige Option»

Politikwissenschaftler Patzelt rät CDU von Ablehnung des U-Ausschusses zur Korruptionsaffäre ab
 
Dresden (ddp-lsc). Im Streit um die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Korruptionsaffäre rät der Dresdner Politikwissenschaftler Werner J. Patzelt der CDU von einer Ablehnung des Oppositionsantrags ab. Dies sei «keine vernünftige Option», sagte Patzelt in Dresden. Mit ihm sprach ddp-Korrespondent Tino Moritz.

ddp: Wie beurteilen Sie die öffentliche Wahrnehmung der beiden Regierungsparteien CDU und SPD bei der Frage des U-Ausschusses?

Patzelt: Die meisten Leute dürften den Eindruck haben: Die CDU mauert, die SPD will sich profilieren. Für die SPD ist eine solche Wahrnehmung in Ordnung, für die CDU ist sie fatal. Also ist es für die CDU angebracht, nun ihrerseits in die Offensive zu gehen: Gerade sie muss dafür sorgen, dass entweder begangene Fehler benannt und korrigiert oder substanzlose Befürchtungen zerstreut werden.

ddp: Kann es für die CDU aus Ihrer Sicht trotz der Ankündigung der SPD, sich zu enthalten, tatsächlich noch eine Alternative sein, gegen den Ausschuss zu stimmen?

Patzelt: Gegen den Ausschuss zu stimmen ist für die CDU keine vernünftige Option. Erstens hat die parlamentarische Minderheit nun einmal das Recht auf einen Untersuchungsausschuss, und zweitens lässt sich den Leuten nicht vermitteln, die CDU wolle aus einem anderen Grund als dem versuchter Vertuschung den Untersuchungsausschuss verhindern. Also muss man offensiv-konstruktiv verfahren, das heißt sich selbst für einen Untersuchungsausschuss aussprechen und diesen dann mit einem sowohl verfassungskonformen als auch zweckdienlichen Untersuchungsauftrag versehen. Natürlich muss das alles auch taktisch gut durchdacht sein: Ein Untersuchungsausschuss ist nun einmal ein politisches Kampfinstrument, nicht aber ein unparteiisches Organ der Wahrheitsfindung oder Rechtspflege.

ddp: Hielten Sie theoretisch eine einmalige Abkehr vom Koalitionsvertrag, der gleiches Stimmverhalten der Koalition im Landtag vorschreibt, für denkbar - und für das CDU/SPD-Bündnis für aushaltbar?

Patzelt: Denkbar ist vieles, politisch vernünftig schon viel weniger. Es entspricht einfach der Funktionslogik eines parlamentarischen Regierungssystems, dass die Regierungsmehrheit zusammenhält und nicht aus den eigenen Reihen heraus auch noch das Geschäft der Opposition besorgt. Gewiss kann man in Ausnahmefällen ein Abgehen von dieser Einigkeitsregel vereinbaren. Nur geht das immer nur einvernehmlich - und schwerlich dann, wenn ein Koalitionspartner gar nicht anders kann, als in der Distanzierung des anderen einen Akt der Illoyalität oder mangelnden Solidarität zu erkennen.

ddp/tmo/kos
181105 Jul 07

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