Karl Nolle, MdL

Agenturen, ddp-lsc, 16:59 Uhr, 06.08.2007

Verfassungsschutz rückt weitere Akten an Staatsanwaltschaft heraus

Opposition nennt Innenminister Buttolo reif für Rücktritt
 
Dresden (ddp-lsc). In der sogenannten Korruptionsaffäre erhält die Staatsanwaltschaft für ihre Ermittlungen weitere Akten des Verfassungsschutzes. Nach den bereits vor Wochen übergebenen Akten zum Fallkomplex Leipzig sei nun auch der Komplex Plauen «abgabereif», sagte der Präsident des Landesamtes, Reinhard Boos, am Montag in Dresden. Nach seinen Angaben sind damit 24 von insgesamt 100 Aktenordnern zur Beobachtung Organisierter Kriminalität (OK) für die Staatsanwaltschaft aufbereitet worden. Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) bekräftigte unterdessen seinen Meinungsumschwung zum Ausmaß der Affäre. Die Linke nannte Buttolo daraufhin «reif für Rücktritt», die FDP bezeichnete den Minister als «sicherheitspolitischen Irrläufer».

Bei den Datensammlungen zu Leipzig (Tarnname: «Abseits III») und Plauen («Abseits II») handelt es sich Boos zufolge um die beiden «wichtigsten» Fallkomplexe. Die verbleibenden drei Viertel der Datensammlung, die sich Boos zufolge mit den Bereichen «Rocker, italienische OK und osteuropäische OK» befassen, sollen der Staatsanwaltschaft bis zum Monatsende zur Verfügung gestellt werden.

Innenminister Buttolo geht nach eigenen Angaben inzwischen davon aus, dass die Staatsanwaltschaft einzelne Straftatbestände vorfinden werde, aber nicht davon, dass es sich dabei um einen «sachsentypischen Sumpf» handele. Als er am 5. Juni im Landtag vor dem Zurückschlagen krimineller Netzwerke gewarnt hatte, habe er noch keine Kenntnis über «handwerkliche Fehler» des Nachrichtendienstes beim Zustandekommen der Datensammlung gehabt. «Nicht vom Verfassungsschutz fühle ich mich getäuscht, sondern von einzelnen, handelnden Personen», betonte Buttolo und verwies auf ein persönliches Gespräch mit der früheren Leiterin des OK-Referats im Verfassungsschutz.

Diese steht im Verdacht, ihren Vorgesetzten gegenüber verschwiegen zu haben, dass es sich bei einer der entscheidenden Quellen des Nachrichtendienstes um einen Polizeibeamten handelt. Sowohl sie als auch der Polizist sind nach Angaben von Buttolo und Boos bislang nicht suspendiert worden.

Nach Ansicht von Linke-Fraktionsvize Klaus Tischendorf wird der Innenminister «immer unglaubwürdiger». Erst habe er die betreffenden Akten des Verfassungsschutzes schreddern oder auf Dauer wegschließen wollen, später das Land mit Warnungen vor mafiösen Vergeltungsschlägen erschreckt, nun wolle er nicht einmal mehr von kriminellen Netzwerken reden.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Landtagsfraktion, Torsten Herbst, warf Buttolo einen unseriösen und peinlichen Schlingerkurs vor: «Erst sieht der Minister den Freistaat Sachsen im Sumpf versinken, und wenig später ist alles nur heiße Luft gewesen.» Entweder habe er seinen Laden nicht im Griff oder die Öffentlichkeit bewusst in die Irre geführt. Buttolo habe «nicht nur mit der Angst der Menschen gespielt, sondern Sachsen bundesweit der Lächerlichkeit preisgegeben.»

(Quellen: Buttolo und Boos vor Journalisten in Dresden; Tischendorf und Herbst in Mitteilungen)

Von Tino Moritz

ddp/tmo/muc
061659 Aug 07

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