spiegel-online, 09.08.2007
FÜHRUNGSKRISE: Drei weitere WestLB-Vorstände vor dem Rausschmiss
Berichte über Risiken bewusst aussortiert
Der Vorstand der WestLB war offensichtlich viel weitreichender über die drohenden Verluste informiert, als bislang bekannt. Aus diesem Grund müssen einem Zeitungsbericht zufolge auch die übrigen Vorstandsmitglieder der Bank mit ihrer Entlassung rechnen.
Berlin - Der gesamte WestLB-Vorstand habe es versäumt, im vergangenen Jahr die Informationen über den riskanten Eigenhandel mit Aktien weiterzureichen, berichtet der "Tagesspiegel" unter Berufung auf Unterlagen der Wirtschaftsprüfer von KPMG. Der Aufsichtsrat sowie der Prüfungsausschuss seien mindestens sechs Monate lang nicht über diese Risiken informiert worden. Dem Blatt zufolge hat der Aufsichtsrat die drei verbliebenen Vorstandsmitglieder nur deshalb noch nicht entlassen, weil die Bank nicht völlig in ihrer Handlungsfähigkeit gelähmt werden solle.
Im fünfköpfigen Vorstand mussten bislang Bankchef Thomas Fischer und der Risikovorstand Mattijs van den Adel den Hut nehmen. Fischer wurde Ende Juli durch Alexander Stuhlmann, den früheren Chef der HSH Nordbank, abgelöst. Laut "Tagesspiegel" müssen die übrigen drei Mitglieder mit ihrer Abberufung rechnen, wenn Ende des Monats der endgültige Bericht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu der Affäre vorliegt.
Wie die Zeitung berichtete, hatten eigene Fachleute der WestLB "massiv" auf drohende Verluste in dreistelliger Millionenhöhe hingewiesen. Dennoch habe der Vorstand mehrfach entschieden, die zuständigen Bankgremien darüber nicht zu unterrichten. In Einzelfällen seien kritische Berichte mit ausdrücklicher Billigung des Vorstands aus Vorlagen entfernt worden. Die Gesamtverluste aus diesen Transaktionen lägen nach Einschätzung von Eigentümervertretern über der bisher genannten Größe von einer halben Milliarde Euro, meldete das Blatt.
mik/AFP