Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung online, 10.08.2007

US-Immobilienkrise schlägt weltweit Wellen

Zur Beruhigung der nervösen Finanzmärkte haben Notenbanken weltweit den Geldinstituten Finanzspritzen über mehr als 200 Milliarden Euro verpasst.
 
Hamburg - In Folge der US- Immobilienkrise pumpte die Europäische Zentralbank (EZB) am Freitag zum zweiten Mal innerhalb von 24 Stunden frisches Geld in den Markt. Auch die Bank of Japan (BoJ), die US-Notenbank Fed und die australische Zentralbank stellten den Geschäftsbanken zusätzliche Mittel bereit. Hintergrund ist ein Liquiditätsengpass der Banken, die sich wegen mangelnden Vertrauens gegenseitig kaum noch Geld leihen. Die Turbulenzen auf den internationalen Finanzmärkten infolge der Krise in den USA schickten am Freitag die Aktienbörsen weltweit auf Talfahrt.

Die EZB stellte den Banken am Freitag rund 61 Milliarden Euro zu einem Zinssatz von 4,08 Prozent bereit. Dabei griffen 62 Banken zu, das waren 13 mehr als am Vortag, als knapp 95 Milliarden Euro ausgezahlt wurden. Erstmals seit den Terroranschlagen in den USA vom 11. September 2001 sah sich die Notenbank wieder zu solch einem Notfalleingriff gezwungen. „Die Europäische Zentralbank beobachtet die Bedingungen auf dem Euro-Geldmarkt weiterhin genau“, bekräftigte die Notenbank am Freitag ihre Bereitschaft, den Geschäftsbanken bei Engpässen in der Geldversorgung unter die Arme zu greifen. Volkswirte rechnen in den kommenden Tagen mit weiteren ähnlichen Aktionen.

Auch an den Aktienmärkten dominierte die Angst, dass sich die Probleme am US-Markt für Hypothekenkredite mit schwächerer Bonität ausweiten könnte. Die Aktienmärkte verloren am Freitag weltweit. An den asiatischen Börsen in Tokio, Seoul, Hongkong, Schanghai und Singapur kam es nach Angaben von Händlern zu panikartigen Verkäufen. An der weltgrößten Börse New York Stock Exchange wurden vor allem Finanzwerte abgestoßen. Für den Deutsche Aktienindex (DAX) erwarteten Händler nach deutlichen Verlusten am Vortag weitere Rückgänge. Der DAX verlor bereits in den ersten Handelsminuten weitere 2,11 Prozent auf 7297 Zähler, erholte sich dann zwischenzeitlich aber etwas.

An der asiatischen Leitbörse in Tokio verlor der Nikkei-Index für 225 führende Werte am Freitag 2,37 Prozent und schloss mit 16764,09 Punkten. Neben Finanztiteln zählten zu den größten Verlierern Aktien von Unternehmen, dessen Exporte stark vom US-Markt abhängig sind. So büßten die Papiere des Automobilherstellers Toyota sowie des Elektronikkonzerns Samsung stark ein. „Die Sorgen um die Kreditmärkte verschärfen sich, da die Anteilseigner auf breiter Front Aktienpositionen auflösen. Besonders global agierende Hedge-Fonds trennen sich von ihren Papieren“, erklärte Hiroichi Nishi, Aktienchef von Nikko Cordial Securities. Den schärfsten Kursabfall in Asien gab es an der Börse in Seoul, wo der Kospi um vier Prozent auf 1832,08 Punkte einbrach. In Hongkong fiel der Leitindex Hang Seng um 2,88 Prozent auf 21792 Punkte. In Australien kam es an der Börse in Sydney zum schärfsten Kursabfall seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001.

Trotz der erneuten Finanzspritze der EZB sehen Volkswirte kein Ende der Zinserhöhungen im Euro-Raum. Die EZB hatte am Donnerstag ihre Bereitschaft bekräftigt, die Leitzinsen im September auf 4,25 Prozent zu erhöhen - das wäre der höchste Stand seit sechs Jahren. Zwar könnte die Notenbank nach Einschätzung von Volkswirten diesen Zinsschritt auch verschieben und auf eine weitere Erhöhung in diesem Jahr ganz verzichten, wenn sich die Märkte nicht beruhigen. Viele Experten - etwa bei der Commerzbank - sind jedoch überzeugt, dass die EZB ihren Zinserhöhungsprozess nicht stoppen oder gar die geldpolitischen Zügel lockern wird. Eine schnelle Zinssenkung der US- Notenbank (Fed) angesichts der US-Hypothekenkrise gilt unter Fachleuten ebenfalls als unwahrscheinlich.

Die amerikanischen Hypothekenmarkt-Probleme sind inzwischen auch auf die französische Großbank BNP Paribas und auf andere europäische Finanzdienstleister übergeschwappt. Es könnten auch Hypothekenkreditnehmer mit erstklassiger Bonität in Mitleidenschaft gezogen werden, hieß es an den Börsen. Deshalb rechnen die meisten Fachleute noch mit einer langen Fortsetzung der amerikanischen Immobilien- und Baumarktprobleme.

Die Risiken für Verbraucher, die in sogenannte Geldmarktfonds investiert haben, sind nach Einschätzung des Bundesverbandes Investment und Asset Management (BVI) „sehr begrenzt“. Ein Sprecher sagte der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX: „Bei reinen Geldmarktfonds ist schlimmstenfalls mit kurzfristigen Liquiditätsengpässen zu rechnen.“ Hierfür gebe es bislang aber keine Anzeichen. (dpa)

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