Financial Times Deutschland, FTD.de, 17:38 Uhr, 17.08.2007
Sanio und Haasis berufen Sondersitzung wegen Sachsen LB ein
Die Sachsen LB muss wegen ihres Engagements am Kreditmarkt womöglich mit frischer Liquidität gestützt werden. Über ihre Zweckgesellschaft (Conduit) "Ormond Quay" beriet nun die Finanzaufsicht mit zwei Bankchefs.
Wie die Financial Times Deutschland aus Finanzkreisen erfuhr, war die 17,5 Mrd.$ schwere Zweckgesellschaft (Conduit) "Ormond Quay" der Sachsen LB an diesem Freitag Thema einer Sondersitzung in Berlin zwischen dem Chef der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Jochen Sanio, dem Vorstand der ostdeutschen Landesbank sowie Heinrich Haasis, dem Präsidenten des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV). "Dabei ging es um die Frage, ob und wenn ja wie viel Liquidität der Sachsen LB zugeführt werden muss", heißt es in Finanzkreisen. Die BaFin lehnte einen Kommentar ab. Das sächsische Finanzministerium und die Sachsen LB waren nicht zu erreichen.
Eine Auffanglösung für das Institut nach dem Vorbild der IKB Deutsche Industriebank werde derzeit nicht diskutiert. Die Gespräche über die Zukunft der Sachsen LB sollen aber fortgeführt werden. Sollte die Sachsen LB Liquiditätsbedarf haben, werde dieser über den Haftungsverbund des DSGV gedeckt, hieß es weiter. Der Ende 2003 erneuerte Haftungsverband der Sparkassen und Landesbanken war Anfang 2006 in Kraft getreten und um 50 Prozent auf 4,2 Mrd. Euro erhöht worden.
Die IKB hatte sich mit ihrer Zweckgesellschaft "Rhineland Funding" am krisengeschüttelten US-Hypothekenmarkt verspekuliert und muss von der staatseigenen Förderbank KfW - mit 38 Prozent Großaktionärin der Düsseldorfer Mittelstandsbank - mit einer 8,1 Mrd. Euro schweren Bürgschaft gestützt werden. Zudem schirmt die gesamte deutsche Kreditwirtschaft - KfW, private Banken, Sparkassen und Landesbanken sowie Genossenschaftsbanken - die IKB mit 3,5 Mrd. Euro für Risiken ab.
Keine Abnehmer für vermeindlich sichere Papiere
Die 2004 ins Leben gerufene "Ormond Quay" hat nach Angaben der Sachsen LB ausschließlich in Papiere investiert, die mit "AAA" eingestuft sind, also als ausfallsicher gelten. Allerdings hat die derzeitige Krise an den Kreditmärkten dazu geführt, dass auch vermeintlich sichere Papiere derzeit keine Abnehmer finden. Die Zweckgesellschaft investiert nach Angaben der Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) - ähnlich wie die "Rhineland Funding" der IKB - in langfristige Kreditanlagen und refinanziert diese durch kurzfristige Anleihen ("Commercial Papers"). Noch im Juni bestanden 82 Prozent des Portfolios aus Immobilienkrediten. In Kredite bonitätsschwacher Schuldner ("Subprime") investierte der Fonds nach Angaben der Landesbank nicht direkt.
An diesem Freitag nahm die Rating-Agentur Moody's die Sachsen LB auf die Liste möglicher Herabstufungen auf, nachdem Fitch denselben Schritt für das Individualrating der Bank schon am Donnerstag angekündigt hatte. Moody's moniert, dass die Bank massiv von volatilen Profiten aus strukturierten Produkten abhänge und hohe Liquiditätslinien für Zweckgesellschaften für kurzlaufende forderungsbesicherte Wertpapiere (Asset Backed Commercial Paper/ABCP) bereitgestellt habe. Daraus erwartet Moody's infolge der Turbulenzen an den Kreditmärkten negative Auswirkungen auf die Ertragslage der Sachsen LB. Auch Fitch hatte sich über die Größe der Conduits "Ormond Quay" und "Georg Quay" besorgt gezeigt. Die Agentur bemerkt dazu aber, dass die Sachsen LB durch ihre Eigentümer - acht sächsische Sparkassen - Zugang zu Liquidität habe.
BaFin beschafft sich Überblick
Die Finanzaufsicht BaFin befasst sich bereit seit einer Woche mit dem Conduit "Ormond Quay" der Sachsen LB "Wir verschaffen uns einen Überblick", hatte eine BaFin-Sprecherin am vergangenen Freitag gesagt. Die Landesbank bestreitet bisher, in Liquiditätsproblemen zu stecken. "Wir können alle unsere Verpflichtungen erfüllen", hatte ein Sprecher jüngst noch gesagt. Und: "Die Sachsen LB sieht grundsätzlich keine Anzeichen für erhöhte Ausfallwahrscheinlichkeiten der von ihrer Tochtergesellschaft Sachsen LB Europe gemanagten ABS-Strukturen." Asset-Backed Securities (ABS) sind zu Portfolios gebündelte Kredite, die verbrieft und am Markt weiter verkauft werden.
In den vergangenen Tagen waren die Sorgen unter Bankern gewachsen, dass die Sachsen LB bei Auslaufen der kurzfristigen Refinanzierungen für ihre Conduits keine neue erhalten kann. Damit droht der Sachsen LB dasselbe Szenario wie der IKB, die selbst eine milliardenschwere Liquiditätslinie hätte stellen müssen, diese aber nicht leisten konnte. Die Linie musste schließlich von der staatlichen KfW übernommen werden. Da die Linien der Sachsen LB aufgrund des "Grandfathering" weiterhin Staatsgarantien unterliegen, haben Fitch und Moody's für die Garantieobligationen der Sachsen LB die höchste Bonitätsnote bestätigt.
von Tim Bartz und Angela Maier (Frankfurt)