Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 20.08.2007

Rettung für ein angeschlagenes Schiff

Politiker streiten um Milliarden-Spritze für Sachsens Landesbank
 
Leipzig/Dresden. Der Schock kam schneller als gedacht: Wegen hochgradig wackliger Immobilienkredite droht der sächsischen Landesbank plötzlich ein Verlust von 500 Millionen Euro – trotz gegenteiliger Beteuerungen noch vor wenigen Tagen, und obwohl sich die SachsenLB gerade aus einem bitteren Tal zu berappeln schien. Doch die Hypothekenkrise in den USA, die die weltweite Finanzwelt seit Tagen durcheinanderwirbelt, ging auch an der international agierenden SachsenLB nicht spurlos vorbei.

Die Politik reagierte auf die Krise aufgeschreckt. Finanzminister Horst Metz (CDU) berief am Sonnabend eilig eine Pressekonferenz ein, der Koalitionspartner SPD ging auf Distanz und von der Opposition hagelte es Kritik. SPD-Mann Karl Nolle, der im Sachsenbank-Untersuchungsausschuss sitzt, mahnte gar, die Lage der SachsenLB könne „ein Desaster für das ganze Land bedeuten“. Die Verantwortung dafür trage nicht zuletzt Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU).

Zugleich warf Nolle der Regierung Geheimniskrämerei vor. „Weder dem Verwaltungsrat noch dem Haushalts- und Finanzausschuss sind die Dimensionen der Spekulationsgeschäfte transparent gemacht worden. Für Bürger, Parlament und sogar Teile der Regierung waren sie eine schwarze Box, deren Risiken bewusst verschwiegen wurden.“ Wer jetzt noch den Ahnungslosen spiele, mache sich strafbar.

Auf diese böse Schelte eines Koalitions-Mitglieds reagierte Finanzminister Metz postwendend – und äußerst sensibel. Die Bankgeschäfte seien kein „Pokern“ mit dem Geld des Steuerzahlers und der Sparkassenkunden, die Vorwürfe der Desinformation und Strafbarkeit seien „ungeheuerlich“ und „unfassbar“. Metz: „Wir sind nicht am Stammtisch, sondern haben es mit Institutionen zu tun, die über jeden Zweifel erhaben sind.“ Nolle wolle die SachsenLB „politisch motiviert schädigen“.

Dagegen versucht der Präsident des Ostdeutschen Sparkassenverbandes, Claus-Friedrich Holtmann, Ruhe in die Debatte zu bringen. Er sagte dieser Zeitung, dass die SachsenLB „ein Opfer der internationalen Liquiditätskrise geworden“ sei. Deshalb hätten die Landesbanken entschieden, in einer Solidaritätsaktion zu helfen. Dem Institut, so Holtmann weiter, sei kein Vorwurf zu machen, da die Objekte alle beste A-Ratings gehabt hätten. Allerdings sei noch nicht abzusehen, zu welchen Verlusten und Wertberichtigungen die Krise bei der SachsenLB führe. Mit der Unterstützung seien die Voraussetzungen geschaffen worden, dass die Landesbank ihre Geschäfte fortführen könne.

Die sächsische SPD-Führung verlangt jedoch neben einer bedingungslosen Aufklärung Konsequenzen. Es müsse „Klarschiff“ gemacht werden, damit nicht in zehn Tagen ein neues Leck entstehe, sagte SPD-Generalsekretär Dirk Panter dieser Zeitung. 17,3 Milliarden Euro Finanzhilfen seien nicht zu vergleichen mit „keinen Liquiditätsproblemen“, von denen zuvor noch die Rede war. Panter drohte zugleich, wenn weitere nennenswerte Verluste entstünden, „muss man auch über politische Verantwortung reden“. Die SPD wolle volle Information und Transparenz, um das angeschlagene Vertrauen der Anleger und Anteilseigner wieder herzustellen. Zugleich rügte der Ex-Investmentbanker Panter, es könne nicht angehen, „dass für Hedge-Fonds und Investment-Vehikel weniger Regeln gelten als für die Sparkasse Zwickau“.

Schon gestern erfüllte Minister Metz zumindest eine erste Forderung der Opposition und erklärte sich bereit, in einer Sondersitzung des Haushalts- und Finanzausschusses über die „Lösung des Liquiditätsproblems“ zu sprechen. FDP-Chef Holger Zastrow hatte der SachsenLB zuvor vorgeworfen, die Öffentlichkeit getäuscht zu haben. „So verspielt die Bank ihr Vertrauen und schädigt den Ruf des Freistaates.“ Es bestätige sich der Verdacht, dass die Landesbank Risiken eingegangen sei, die sie nicht mehr beherrsche. Zastrow: „Wer einen Notkredit von sagenhaften 17,3 Milliarden Euro benötigt, befinde sich in einer ernsten Existenzkrise.“ Die Liquiditätsspritze habe ein höheres Volumen als Sachsens Landesetat.

Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau machte zudem darauf aufmerksam, dass den Parlamentariern in der Affäre die Hände gebunden seien: „Mit dem durch den Landtag gepeitschten Privatisierungsgesetz zur SachsenLB hat der Landtag jegliche Steuerungsmöglichkeiten aus der Hand gegeben. Jetzt haben wir nichts mehr zu sagen, bleiben aber mit dem Geld des Steuerzahlers in der Haftung.“
Einzig CDU-Haushälter Matthias Rößler versuchte der Rettungsaktion für die Landesbank noch etwas Positives abzugewinnen: Diese Hilfe, so Rößler „ist ein Erfolg des öffentlich-rechtlichen Sparkassen- und Bankensystems“.

Die SachsenLB hat die Auswirkun- gen der Krise am US-Immobilien- markt zu spüren bekommen, da sie Geschäfte mit so genannten verbrieften Krediten macht. Dazu hatte die Tochter der Landesbank, die SachsenLB Europe mit Sitz in Dublin, 2004 eine Zweckgesellschaft namens Ormond Quay gegründet. Darlehen zu verbriefen heißt, dass die ursprünglichen Gläubiger die Risiken an Investoren weitergeben. Diese werden dafür mit Zinsen entlohnt. Je höher das Ausfallrisiko der zugrunde liegenden Kredite, desto höher ist der Zins. Geraten die Gläubiger selbst in den Strudel, führt das zu Kettenreaktionen. Daher war die SachsenLB in die prekäre Lage gekommen und hatte Milliarden zur Erhaltung der Liquidität benötigt.
Von SVEN HEITKAMP und THILO BOSS

Karl Nolle im Webseitentest
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