Sächsische Zeitung, 21.08.2007
Kassenwart in der Klemme
Sachsens Finanzminister Horst Metz bekommt auch die neuen Probleme der Landesbank nur schwer in den Griff.
Horst Metz dürfte sich ärgern in diesen Tagen. Dass er nicht längst gegangen ist. Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen – das wäre eine so einfache Lösung gewesen. Elegant, verlockend, schlüssig für die Öffentlichkeit. Und kaum jemand hätte ihm nachgesagt, dass er wegen Sachsen Landesbank hätte gehen müssen. Es hätte ein würdevoller Abgang werden können. Alles ist geordnet. Seine Pensionsansprüche sind seit fast einem Jahr gesichert. Und zudem steht der Freistaat finanzpolitisch im Ostvergleich erstklassig da.
Doch wer den richtigen Zeitpunkt verpasst, den bestraft gelegentlich die harte Realität der internationalen Finanzwelt. Wieder heißt das Sorgenkind Sachsen Landesbank, und wieder ist ihr Krisenmanager Finanzminister Metz (CDU). Sein politisches Schicksal ist erneut mit dem der Landesbank verknüpft. Und wie bei der früheren Landesbank-Affäre macht der heute 62-Jährige erneut keine gute Figur. Zu unentschlossen, zu spät agiert er auch diesmal.
Souveränes Krisenmanagement sieht anders aus. Und so tauchte der von düsteren Schlagzeilen getriebene Minister gestern völlig ab in eine Krisensitzung nach der anderen; um dem Verwaltungsrat und die Anteilseigner zu beruhigen, zu beschwichtigen, dass es doch eigentlich ein großes Glück sei, dass die sächsischen Sparkassen der Landesbank eine Kreditlinie von mehr als 17 Milliarden Euro bereitstellen für mögliche Ausfälle im US-Geschäft. Für die Öffentlichkeit jedoch blieb Metz abgesehen von einer abendlichen Pressemitteilung ganz abgetaucht. Typisch für ihn, faucht ein hochrangiger CDU-Politiker. „Wenn es eng wird, dann ist der nie zu sehen.“
Äußerst medienscheu
Nur einmal am Sonnabend hatte sich Metz auf einer eilends einberufenen Pressekonferenz durch Nachfragen in die Enge treiben lassen. Mehr will der Medienscheue derzeit nicht riskieren. Hektisch wühlt Metz dann, wie er es immer tut, in seinem Zettel-Berg, nervös und auch nach Jahren im Ministeramt immer noch mit dieser unsicheren Ängstlichkeit eines Mannes mit kräftigem Lampenfieber auf der politischen Bühne. Dabei sind dienstbare Souffleure aus den Fachabteilungen seines Ministeriums stets an seiner Seite.
Horst Metz hätte längst aussteigen können aus dem härter werdenden Politik-Betrieb in Sachsen, aus der Dauerkrise der Landesbank, die noch immer einen Untersuchungsausschuss des Landtags beschäftigt. Jahrelang war das landeseigene Institut wie gelähmt von den schmutzigen Auseinandersetzungen. Als miese, kleine Provinzposse um Liebe, Intrigen, Dienstwagen, Traum-Gehälter Neid und Misswirtschaft hätte die Banken-Krise anfangs vielleicht noch recht schnell enden können. Nach Dutzenden von Klagen und Prozessen im Streit mit einem Tutzinger Unternehmer um die Anteile der Landesbank-Tochter MDL endet sie in einem Millionen-Vergleich, den der Freistaat auch wesentlich früher hätte haben können, ohne seine Landesbank jahrelang bundesweit durch Schlagzeilen zu beschädigen.
Dass Metz noch immer nicht ausgestiegen ist, mag auch an seiner Eitelkeit liegen. Metz ist ein Minister, der sein Amt und die damit verbundene Aura, den Nimbus des Wichtigen liebt und braucht; ob im Landtag oder auf der Pferderennbahn. Metz war immer der Mann hinter Georg Milbradt, absolut loyal, zuverlässig und korrekt, stets darum bemüht, eben das umzusetzen, was Ex-Finanzminister Milbradt von ihm wünschte. Nur dem sieht er sich verpflichtet. Ihn schützt er. Und eben dies schützt auch Metz. Geduldig steckte er über Jahre die öffentliche Prügel in der Landesbank-Affäre ein.
Schutzschild für Milbradt
Dass er das Bank-Fiasko politisch überlebt hat, ist überraschend genug. Zu verdanken ist dies Milbradt, dem Vater der Landesbank, der stets der finanzpolitische Strippenzieher im Hintergrund geblieben ist. Metz wurde so zum glanzlosen Prügelknaben für finanzpolitische Pannen, Milbradt zum Vater jedes finanzpolitischen Erfolgs.
Vom langjährigen haushaltspolitischen Sprecher der CDU-Landtagsfraktion war Metz Anfang 2002 zum Finanzminister aufgerückt. Ein geschickter Schachzug Milbradts. Metz ist in der Fraktion sehr beliebt, hat auch im „Biedenkopf-Lager“ Rückhalt. Der Bauingenieur aus Mecklenburg-Vorpommern ist ein geselliger Typ, kann fröhlich feiern bei Bier und Häppchen; aber er hat auch schnell die Trickkiste parat, wenn es darum geht, selbst die eigenen CDU-Minister an der kurzen Leine zu halten. Metz ist ein Meister im „Sich-arm-Rechnen“. Ein Kassenwart, der am Ende eines Steuerjahres mit vollen Taschen triumphierend dasteht – und das Geld dann längst wieder verteilt hat. Ein Prozess, der sich hinter verschlossenen Türen vollzieht. Metz macht, aber redet ungern darüber. Wie Milbradt.
Metz kann auf Leute zugehen, herzlich, offen, eben menschlich. Aber Metz fehlt der richtige Instinkt dafür, wem zu trauen ratsam und wem zu misstrauen sicherer wäre. Im Fall Landesbank wurde ihm dies zum Verhängnis. Sein politisches Schicksal hing an einem „Cuba Libre“ und einer Zigarre; beides genossen beim Landespresseball in Dresden im Frühjahr 2005. Ausgerechnet mit einem Prozessgegner des Freistaats trank und schmauchte Metz und machte ihm ein Kaufangebot für die MDL-Anteile.
Abstreiten bis zuletzt
Er habe kein Angebot gemacht, dementierte Metz kurz darauf und krallte sich fest an der Juristen-Sprache. Ein formal-verbindliches Angebot hatte es tatsächlich nicht gegeben – aber eben ein Gespräch. Erst spät gestand Metz dies ein, dass er – entgegen Milbradts Willen, die Krise durch juristischen Belagerungskrieg auszusitzen – einfach nur versucht hatte zu vermitteln. Den gleichen Fehler machte Metz auch diesmal. Abstreiten lässt er, bis es nicht mehr geht, als vor rund zehn Tage erste Berichte über eine mögliche Schieflage der Landesbank auftauchen. Da sind die Verwaltungsräte, die das Geldinstitut überwachen sollen, zumindest per E-Mail informiert. Alles andere lieferte Metz, der überzeugende Dramatiker, gestern nach. Ob es reicht, wird sich zeigen.
Dass für ihn die Landesbank zur Schicksalsfrage wird, gilt als sicher. Und dass er diesmal das Rennen verlässt, bevor es beendet ist, scheint immer wahrscheinlicher. Metz wird im Zuge einer Kabinettsumbildung spätestens 2008 gehen müssen, vermuten Beobachter.
Von Annette Binninger