Karl Nolle, MdL

Süddeutsche Zeitung, 21.08.2007

Lektion für den Retter

Statt in Rente zu gehen, sanierte Herbert Süß die SachsenLB - nach deren Fehlspekulation steht er vor den Trümmern seiner Arbeit
 
Herbert Süß ist ein Mann von barocker Statur, der in der Öffentlichkeit gern mit seiner Lebenslust kokettiert. Er lacht gerne, trinkt gerne einen Wein, er redet auch gerne.

Preisgeben tut er dabei allerdings wenig. Herbert Süß ist verschwiegen, wenn es um seine Gefühls- und Gedankenwelt geht, zumal jetzt, seit der in vielen Kämpfen erfahrene Finanzfachmann vor einer bitteren Lektion steht. Die SachsenLB ist unter seiner Leitung in eine existenzbedrohende Liquiditätskrise geraten. Nur durch die schnelle Hilfe der Sparkassenfinanzorganisation, die den Sachsen mit einer spektakulär hohen Kreditlinie von 17,3 Milliarden Euro unter die Arme griff, konnte der Zusammenbruch der Landesbank verhindert werden.

Für den erfahrenen Banker, der am 3. Oktober 68 Jahre alt wird, ist das der persönliche GAU. Schon werden Stimmen laut, die seinen Rücktritt fordern.

Politiker wie der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Sächsischen Landtag, Holger Zastrow, werfen ihm und seiner Führungscrew vor, die Öffentlichkeit systematisch getäuscht zu haben. Das Handeln der Landesbank sei "undurchschaubar und riskant", monierte Zastrow und forderte zugleich eine Sondersitzung des Finanzausschusses des Landtags.

Allerdings waren es gerade die sächsischen Liberalen, die Süß noch vor Jahresfrist als Retter der bereits vor knapp drei Jahren in schwere Turbulenzen geratenen Landesbank feierten. Unter seiner Führung, hieß es damals, sei die SachsenLB zu einer renditestarken Bank und zu einem verlässlichen Partner des sächsischen Mittelstands aufgestiegen.

Von West nach Ost

Als Süß Anfang Juni 2005 mit dem Ansinnen der sächsischen Staatsregierung konfrontiert wurde, die skandalumwitterte Bank zu übernehmen, bereitete er sich gerade auf seinen Ruhestand vor. Fast 15 Jahre lang hatte er, der Mitte der Fünfzigerjahre in der Mannheimer Niederlassung der Dresdner Bank ausgebildet wurde, die Stadtsparkasse von Dresden als Vorstandschef geleitet. Unter seiner Führung stieg die Sparkasse der sächsischen Landeshauptstadt zu einer der leistungsstärksten Institute im Ostdeutschen Sparkassenverbund (OSV) auf.

Seine Arbeit für den Aufbau Ost schien getan, als die Sparkasse Dresden 2004 und weitere sächsische Institute zur Ostsächsischen Sparkasse Dresden fusionierten. Ein knappes Jahr stand er noch der neuen Großsparkasse als Vorstandschef vor, dann verabschiedete er sich in den Ruhestand.

Einen Monat später war er wieder da - als neuer Chef der SachsenLB und mit dem Auftrag der öffentlichen Eigner versehen, die Glaubwürdigkeit der schwer angeschlagenen Bank wiederherzustellen. "Diese Herausforderung hat mich einfach gereizt", sagt Süß. Mehr sei dazu einfach nicht zu sagen. Wie gesagt: Herbert Süß ist verschwiegen, wenn es um seine Gefühls- und Gedankenwelt geht. Niemand muss wissen, ob er es in diesen Tagen bereut, kurz vor der Rente doch noch diesen Job angenommen zu haben.

Immerhin wurde damals die Führungskrise beendet, die mit dem Abgang seines Vorgängers Michael Weiss und des Vorstandsmitglieds Rainer Fuchs Anfang 2005 ausgelöst worden war. Beide zogen damals die Konsequenzen aus den Skandalen um die SachsenLB-Tochter MDL, einer Leasinggesellschaft, die die Landesbank im Juli 2000 mit dem bayerischen Unternehmer Ludwig Hausbacher gegründet hatte.

Mit frischem Kapital des Freistaats und Umstrukturierungs- und Sanierungsmaßnahmen schaffte Süß binnen eines Jahres die Wende. Im Frühjahr 2007 präsentierte er das beste Ergebnis in der Geschichte der Landesbank. Die Ratingagenturen reagierten. Im Mai verlieh Standard & Poor's der Bank mit dem Single "A"-Rating jenes Gütesiegel, das die Ratingagentur der SachsenLB als einziger der elf Landesbanken bis dato verwehrt hatte.

"Erste Adresse" in Dublin

Die durchweg positive Bilanz verdeckte allerdings nur für wenige Monate das eigentliche Problem der kleinsten deutschen Landesbank, die eigentlich in diesem Jahr mit der WestLB endlich einen Partner bekommen sollte, der sich an ihr beteiligt: Ihr fehlt es aufgrund des kleinen Heimatmarktes einfach an Geschäften.

Letztlich ist darin eine Ursache für die aktuelle Krise angelegt. Um das Manko des fehlenden Geschäfts auszugleichen, sahen die Sachsen ihr Heil schon vor der Süß-Regentschaft im internationalen Kapitalmarktgeschäft, das sie von der irischen Haupstadt Dublin aus mit ihrer Tochtergesellschaft Sachsen LB Europe betrieben. Auch Süß war von diesem "Zusatzgeschäft" überzeugt. Die Dubliner Tochter arbeite sehr erfolgreich und sei - insbesondere auch in den USA - inzwischen für große Anleger eine "erste Adresse", sagte er im Frühjahr bei Vorlage der Bilanz für 2006.

Jetzt ist klar: Die "erste Adresse" hat sich auf dem amerikanischen Hypothekenmarkt dramatisch verspekuliert und damit der SachsenLB und Süß' Karriere schwer geschadet.
Von Steffen Uhlmann

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: