Karl Nolle, MdL

Süddeutsche Zeitung, 24.08.2007

Krise der Landesbank weitet sich aus SachsenLB in noch größerer Not

Vorstandsmitglied geht / Bankchef Süß unter Druck / Prüfer untersuchen Dubliner Tochter
 
Berlin - Die finanziellen Risiken für die SachsenLB sind möglicherweise noch größer als bislang bekannt. Nach nicht bestätigten Informationen summieren sich die Engagements der Dubliner Tochter auf 65 Milliarden Euro. Das für die Tochtergesellschaft zuständige Vorstandsmitglied Stefan Leusder trat am Donnerstag zurück.

Die Prüfer haben bislang nur einen Zwischenbericht über die Geschäfte der irischen Tochtergesellschaft der Landesbank, der SachsenLB Europe, vorgelegt, genauere Informationen werden bis Mittwoch nächster Woche erwartet, wenn in Dresden der Finanzausschuss des sächsischen Landtags zu seiner außerordentlichen Sitzung zusammentritt. Bislang könne man noch nicht sagen, welche Risiken in den von Dublin verwalteten fünf Fonds stecken, hieß es in Bankkreisen.

Erste personelle Konsequenzen zog der Vorstand der SachsenLB schon jetzt. Das für die Dubliner Geschäfte zuständige Vorstandsmitglied Stefan Leusder trat am Donnerstag während einer Personalausschusssitzung zurück. Offiziell endet seine Tätigkeit zum 30. September, Leusder werde aber schon ab Freitag nicht mehr im Haus sein, hieß es.

Leusder gilt als Intimus von Vorstandschef Herbert Süß. Beide hatten sich während ihrer Auslandstätigkeit in Hongkong kennen- und schätzengelernt. Als Süß im Sommer 2005 die krisengeschüttelte Landesbank übernahm, wechselte kurz darauf Leusder von der WestLB in den Vorstand. Unter Druck gerät auch Süß selbst. Dem 68-jährigen Bankchef wird nicht mehr zugetraut, die Bank ins "ruhige Fahrwasser" zu lotsen. Eine Entscheidung über Süß und andere Führungsmitglieder wurde zunächst verschoben, soll aber bis Ende der Woche fallen.

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung könnte bis dahin auch die angestrebte Partnerschaft mit einer westdeutschen Landesbank verabredet sein. Interessenten gebe es viele. Es werde auf eine Fusion mit der baden-württembergischen Landesbank LBBW oder der NordLB hinauslaufen, hieß es im Umfeld der SachsenLB.

Den bisherigen Untersuchungen zufolge hat die Dubliner Tochter der SachsenLB über ihre Zweckgesellschaft Ormond Quay unter anderem zwischen 3,3 und 3,5 Milliarden Euro am Markt für zweitklassige amerikanische Immobilienkredite (Subprime) investiert. Damit stecke etwa ein Fünftel des Ormond-Fondsvolumens in stark ausfallgefährdeten Darlehen. Die Landesbank hat das offiziell bislang weder dementiert noch bestätigt. Dem Leipziger Institut wurde wegen der Schwierigkeiten in Dublin von der gesamten Sparkassenorganisation vorige Woche ein Kredit von 17,3 Milliarden Euro eingeräumt.

In welcher Höhe die angeblichen Dubliner Engagements von 65 Milliarden Euro weitere Darlehen mit "Schrottimmobilien" (Bankerjargon) enthalten, ist offen. Feststehen solle aber, dass es auch in anderen Fonds "Beimischungen" gebe, hieß es. An anderer Stelle verlautete, das Engagement der irischen Tochter sei geringer als 65 Milliarden Euro.

Auch die HSH Nordbank räumte Probleme im Zusammenhang mit der US-Immobilienkrise ein. Es gebe Investments von 300 Millionen Euro, bei denen sich die Bank "nicht ganz so komfortabel fühle", teilte die Landesbank der Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein mit. Das Geld werde von Dritten verwaltet. Bankchef Hans Berger sagte, für Risiken aus diesen Geschäften seien 50 Millionen Euro zurückgelegt worden. Insgesamt sehe sich die Landesbank aber von der Finanzkrise nur wenig berührt.

Nach Bergers Angaben ist das Institut indirekt mit 1,8 Milliarden Euro auf den nordamerikanischen Immobilienmärkten engagiert, aber überwiegend in gewerblichen Projektfinanzierungen. Berger warnte davor, eine allgemeine Bankenkrise herbeizureden. "Es sind Fehler im Zusammenhang mit der Finanzierung von amerikanischen Privatimmobilien gemacht worden", sagte er. Es gebe "noch gewisse Risiken am Horizont". Eine allgemeine Bankenkrise sehe er nicht, "und schon gar nicht eine deutsche".

Die staatliche KfW Bankengruppe wies unterdessen einen Bericht der Nachrichtenagentur Reuters zurück, wonach die Bank die umstrittenen USA-Geschäfte ihrer notleidenden Tochter IKB Deutsche Industriebank abgesegnet habe. "Wir wurden weder um Zustimmung gebeten, noch haben wir sie erteilt", sagte ein KfW-Sprecher. Die Staatsbank ist Großaktionär der IKB und mit 8,1 Milliarden Euro für den notleidenden Fonds Rhineland Funding der IKB eingesprungen. Nach Informationen von Reuters sollen Berichte über die Arbeit des Fonds an das KfW-Management und den IKB-Aufsichtsrat gegangen sein. Diese Berichte hätten erläutert, wie Rhineland arbeitet.
Von Steffen Uhlmann

Karl Nolle im Webseitentest
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