Süddeutsche Zeitung, 25.08.2007
Fusionspoker unter Landesbanken - SachsenLB soll an Stuttgart gehen
Eigentümer wollen noch am Wochenende entscheiden / Schicksal der WestLB weiter ungewiss
Dresden - Die schwer angeschlagene SachsenLB soll so schnell wie möglich in die Hände der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) überführt werden. Die Eigner der Bank, der Freistaat und die Sachsen-Finanzgruppe, wollen noch am Wochenende über einen Zusammenschluss entscheiden.
Verhandlungen der beteiligten Partner über ein Zusammengehen der SachsenLB und der LBBW begannen am Freitagmorgen in Dresden, und das sächsische Kabinett kommt am heutigen Samstag zu einer Sondersitzung zusammen. Einziger Tagesordnungspunkt, hieß es aus der Staatskanzlei, werde der Bericht des Finanzministers zur Lage der SachsenLB sein. Anlass für den hastigen Zusammenschluss mit einem "starken Partner" soll nach SZ-Informationen ein neues Liquiditätsloch in Höhe von 400 Millionen Euro bei der SachsenLB sein.
Intern wurde dazu bekannt, dass Vorstandschef Herbert Süß damit gedroht haben soll, dass "die Bank hinüber" sei, wenn das Loch nicht mit Hilfe eines solventen Partners bis Montag gestopft sei. Die SachsenLB sei im Alleingang dazu nicht in der Lage. Neben der LBBW wollen die Eigner auch noch mit der Nord/LB Gespräche führen. Es sei unter ihnen allerdings eine Vorentscheidung zugunsten der LBBW gefallen, hieß es.
Der niedersächsische Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) erklärte, dass die NordLB zwar zu Gesprächen bereit, aber nicht auf "Brautschau" sei. Die LBBW-Eigentümer zeigten sich in einer ersten Reaktion offen für einen Einstieg bei der SachsenLB. "Wir stehen bereit, sofern sichergestellt ist, dass wir dadurch nicht über beide Ohren in Risiken versinken", erklärte Peter Schneider, Präsident des Sparkassenverbandes Baden-Württemberg. Als größte Landesbank trage das Stuttgarter Institut Verantwortung für die Stabilität des öffentlich-rechtlichen Bankensektors. Die Sparkassen-Finanzgruppe hat vor gut einer Woche die SachsenLB mit einer Kreditlinie in Höhe von 17,3 Milliarden Euro gestützt.
Die Sachsen waren durch Geschäfte ihrer Dubliner Tochter SachsenLB Europe von der Krise auf dem US-Hypothekenmarkt erfasst worden. Erst mit der schnellen Hilfe der Sparkassenorganisation konnte ein Zusammenbruch der Bank verhindert werden. Das für das Dublin-Geschäft zuständige Vorstandsmitglied Stefan Leusder musste daraufhin gehen. Auch Vorstandschef Herbert Süß gelte aus Sicht der Banken- und Finanzaufsicht (Bafin) als wenig geeignet, die SachsenLB in den Zusammenschluss zu führen, hieß es aus dem Umfeld der Bank. Unter der Leitung von Süß, der die Bank erst seit Sommer 2005 führt, hatte die Dubliner Tochter dem Vernehmen nach ihre finanziellen Engagements weiter erhöht. Die Bank trat allerdings einem Bericht der SZ entgegen, dass sich dieses Volumen inzwischen auf 65 Milliarden Euro summiere. Auch die Bafin dementierte Berichte, wonach sie sogar die Schließung der Bank in den Raum gestellt habe.
Rüttgers stellt sich quer
Weiter in der Luft hängt auch das Schicksal der Düsseldorfer WestLB. Deren Eigentümer sind uneinig über die Zukunft der angeschlagenen Bank. "Es werden alle Alternativen geprüft", sagte eine Sprecherin des Finanzministeriums am Freitag nach einem Treffen der WestLB-Eigentümer. Damit scheiterten die Sparkassen mit ihrem Plan einer raschen Fusion von WestLB und LBBW. Die Mehrheitseigentümer wollen bei Versammlungen nächste Woche gleichwohl den Weg frei machen für eine Fusion von WestLB und LBBW. Eine Einbahnstraße Richtung Stuttgart gibt es mit der Landesregierung aber nicht. Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) fürchtet um den Finanzplatz Nordrhein-Westfalen nebst Arbeitsplätzen und Entscheidungskompetenz. Zur Diskussion stehen nun weiter die Beteiligung eines privaten Investors an der WestLB oder die Bildung einer Landesbankenholding. Neue Impulse erhofft sich die Landesregierung zudem von einer Investmentbank, welche sie bis zum 10. September mit der Interessentensuche beauftragen will. Die Eigner der WestLB wollen sich am 13. September erneut beraten. WestLB-Chef Alexander Stuhlmann habe bei dem Gespräch an die Eigentümer appelliert, gemeinsam mit dem Vorstand rasch Optionen für die Zukunft der Bank auszuloten und im Interesse der Bank und ihrer Mitarbeiter zügig zu einer Lösung zu kommen, hieß es aus Eigentümerkreisen nach der Sitzung.
Betont gelassen geben sich unterdessen die LBBW-Eigner. "Wir sind jederzeit zu Kooperationen und Fusionen mit den in Rede stehenden Landesbanken bereit", betonte Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) nach einer Eigentümersitzung am Donnerstagabend. "Die LBBW steht unter keinerlei Handlungszwang und Zeitdruck", fügte er hinzu. Alle LBBW-Eigner hatten bisher nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie einer Fusion der Landesbank im Südwesten mit der WestLB begrüßen würden. Aus Kreisen der LBBW hieß es dazu, man wolle die WestLB nicht um jeden Preis erwerben. "Wir kaufen natürlich nicht die Katze im Sack", sagte ein Insider. Erst wenn sich die Eigner der WestLB grundsätzlich für ein Zusammengehen mit der LBBW entschieden hätten, könne man die Bücher in Düsseldorf prüfen.
Von C. Dohmen, D. Deckstein und S. Uhlmann