DIE WELT online, 15:26 Uhr, 25.08.2007
Finanzskandal: Am Montag soll es keine SachsenLB mehr geben
Die Sachsen LB steht kurz vor einem Verkauf an die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Dies erfuhr WELT ONLINE aus Verhandlungskreisen. Jetzt werden Forderungen nach personellen Konsequenzen laut.
Im Finanzskandal um die krisengeschüttelte Landesbank Sachsen (Sachsen LB) werden erste Forderungen nach personellen Konsequenzen laut. „Das ist ein finanzielles und politisches Desaster“, sagte Karl Nolle, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion gegenüber WELT ONLINE. „In keinem Bundesland ist ein Finanzminister zu halten, der solche Dinge zu verantworten hat“, sagte Nolle in Anspielung auf Horst Metz (CDU), Finanzminister und Verwaltungsratschef der Sachsen LB. Auch der Ruf des Ministerpräsidenten Georg Milbradt (CDU) als „ausgezeichneter Finanzfachmann“ sei nun „endgültig perdu.“
Die Sachsen LB steht nach Informationen von WELT ONLINE kurz vor einem Verkauf an die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Nach einer Sondersitzung des Kabinetts heute morgen in Dresden wollten die Verhandlungsteilnehmer das zwar offiziell noch nicht bestätigen. Ein Insider sagte aber: „Im Grundsatz ist die Entscheidung für die LBBW gefallen. Am Montag wird es keine Sachsen LB mehr geben. Die SachsenLB ist dann nur noch eine Filiale der Württemberger.“
Wie WELT ONLINE weiter erfahren hat, stehen die Eckpunkte für die Übernahme der SachsenLB fest. Die Baden-Württemberger wollen lediglich 300 Millionen Euro als Kaufpreis hinblättern. „Das zahlt die LBBW aus der Kaffeekasse“, sagte der Insider zu WELT ONLINE. Für die Eigentümer der SachsenLB, den Freistaat Sachsen und eine Finanzgruppe der sächsischen Sparkassen, wäre das ein miserables Geschäft. Das Eigenkapital der SachsenLB ist zuletzt mit 1,5 Milliarden Euro angegeben worden. Deshalb müssen die Sparkassen in ihren Bilanzen voraussichtlich erhebliche Wertberichtigungen vornehmen, heißt es in Dresden. Die Rede ist von mindestens 500 Millionen Euro. „Die Wertberichtigungen werden einen Sturm der Entrüstung auslösen“, sagte ein Landtagsabgeordneter zu WELT ONLINE. Hinzu komme, dass die Städte, Gemeinden und Landkreise als Träger der Sparkassen künftig auf Ausschüttungen in zweistelliger Millionenhöhe verzichten müssen.
In einer offiziellen Stellungnahme bestätigte Horst Metz lediglich Verhandlungen, jedoch noch keinen Zuschlag für die LBBW. Auch die NordLB war als Käufer im Gespräch gewesen, hat nach Aussage von Beobachtern jedoch ein „zeitliches Problem“. Am Sonntagnachmittag kommen nach Informationen von WELT ONLINE die Anteilseigner der LBBW zusammen, um den Rettungsplan abzusegnen. Am Sonntagabend sollen dann die Eigentümer der SachsenLB dem Geschäft zustimmen.
Die Landesbank Sachsen war in eine ernsthafte Liquiditätskrise geraten, weil sich eine Irland-Tochter der Bank am US-Markt für Hypothekendarlehen verspekuliert hatte. In einer bislang einmaligen Rettungsaktion mussten die Sparkassenorganisationen vor einer Woche über 17,3 Milliarden Euro bereitstellen. Für diesen Betrag muss das Land Sachsen im Fall eines Verkaufs an die LBBW Gewährträgerhaftung noch für drei Jahre übernehmen. Ursprünglich war eine Absicherung bis 2015 vorgesehen.
Bereits als die Kreditlinie in Höhe von 17,3 Milliarden Euro für den Fonds Ormond Quay der SachsenLB-Tochter in Dublin übernommen wurde, war eine Bedingung, dass ein neuer Eigentümer für die SachsenLB gesucht wird. „Dass es so schnell gehen muss, hätte allerdings niemand geglaubt“, sagt eine mit der Situation vertraute Person. Akut fehlen der SachsenLB noch 250 Millionen Euro, um ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Diese sollen von der Landesbank Baden-Württemberg sofort in Bar zur Verfügung gestellt werden. Von derzeit 600 Arbeitsplätzen bei der SachsenLB will die LBBW lediglich 350 garantieren. Seinen Hut nehmen muss nach einer Übernahme durch die LBBW auch SachsenLB-Vorstandschef Herbert Süß. „Er wird nur noch für die letzte Unterschrift gebraucht“, sagte ein Insider.
Von Michael Fabricius, Uwe Müller und Karsten Seibel