Süddeutsche Zeitung online, 27.08.2007
Rettungsaktion für Sachsen LB - "Wer, wenn nicht wir?"
In letzter Minute hat die Landesbank Baden-Württemberg die Pleite der Sachsen LB abgewendet. Die Stuttgarter geben sich nun zuversichtlich - haben aber ein Rückgaberecht.
Nach hohen Verlusten aus riskanten Geschäften im Zuge der US-Hypothekenkrise verliert die einzige ostdeutsche Landesbank ihre Eigenständigkeit.
Um das Überleben des Leipziger Instituts zu sichern, schießt die Stuttgarter LBBW ihm sofort Eigenkapital von 250 Millionen Euro zu. Das Land Sachsen und die Sparkassen des Freistaats erhalten dafür mindestens 300 Millionen Euro in bar und in Anteilen der LBBW.
„Wer, wenn nicht wir hätte das tun können?“ kommentierte der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger am Sonntag in Stuttgart die Rettungsaktion der größten deutschen Landesbank.
Brückenkopf für Osteuropa
„Die SachsenLB kommt aus stürmischer See in einen sicheren Hafen“, sagte Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt in Dresden. „Auf Grund der Turbulenzen an den Märkten und des daraus entstandenen Drucks auf die Bank wäre eine Fortführung ohne Partner nicht aussichtsreich gewesen“, räumte der CDU-Politiker ein. Für die LBBW soll die SachsenLB Brückenkopf nach Mittel- und Osteuropa werden, wie Vorstandschef Siegfried Jaschinski sagte. Das Land grenzt an Polen und Tschechien.
Von 2008 soll die SachsenLB als Tochter der LBBW firmieren, ähnlich wie bereits die Landesbank Rheinland-Pfalz (LRP). Bis dahin fungiert sie als Treuhänder. Der baden-württembergische Regierungschef bewertete die Übernahme als einen Schritt zur Konsolidierung der deutschen Landesbanken. Die LBBW hat auch ein Auge auf die WestLB geworfen. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) favorisiert dagegen dem Focus zufolge eine Zweiteilung des Landesbanken-Sektors in eine Nord- und eine Süd-Gruppe.
"Bank stand nicht vor der Schließung"
Der Hals über Kopf am Wochenende ausgehandelte Verkauf der SachsenLB geht offenbar auf massiven Druck der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zurück. BaFin-Chef Jochen Sanio, der an den Verhandlungen teilnahm, habe deutlich gemacht, dass jede weitere Verzögerung die Verluste der SachsenLB erhöht hätte, betonte Milbradt.
Eine BaFin-Sprecherin wies aber Angaben aus sächsischen Regierungskreisen zurück, wonach Sanio ultimativ eine Übernahme der SachsenLB bis Sonntagabend gefordert habe: „Die Bank stand nicht vor einer Schließung.“ Die Landesbank war in den Strudel der US-Hypothekenkrise geraten, weil eine Tochter in Dublin riskante Geschäfte am Markt für verbriefte Kreditforderungen außerhalb der Bilanz betrieb.
Während vor einer Woche noch die Sparkassen-Finanzgruppe mit einer vom Land Sachsen abgesicherten Kreditlinie von mehr als 17 Milliarden Euro für eine der waghalsigen Finanzkonstruktionen einstand, schlugen drohende Verluste eines zweiten sogenannten Conduit („Georges Quay“) direkt auf die Bilanz der Bank durch und schmälerten ihr Eigenkapital von zuletzt rund 1,5 Milliarden Euro drastisch.
Ministerpräsident Oettinger sagte, die Probleme der Sachsen seien „aus heutiger Sicht beherrschbar“ und ließen sich binnen kurzem lösen. LBBW-Chef Siegfried Jaschinski sagte, er sehe bei der SachsenLB derzeit nicht das Risiko von Kreditausfällen.
Nach Angaben Milbradts hat sich die LBBW jedoch eine Rückgabeklausel einräumen lassen, wenn sich mehr außerordentliche Verluste ergäben, als in der Eile zu erkennen gewesen seien. Das Geschäft in Irland will Jaschinski zurückfahren, Stellenstreichungen soll es in Leipzig aber unter dem Strich nicht geben.
Eine Sonderprüfung der BaFin bei der SachsenLB-Tochter in Dublin ist offenbar ohne Konsequenzen geblieben. Die SachsenLB sei aufgefordert worden, die 2004/05 dort festgestellten Mängel abzustellen, bestätigte eine BaFin-Sprecherin einen Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel.
Finanzkreisen zufolge ging es um massive Mängel im Risikomanagement. Eine Mitschuld der BaFin an der Situation sieht das Bundesfinanzministerium nicht: „Ein Funktionieren der Bankenaufsicht ist keine Versicherung dagegen, dass Fehlentscheidungen getroffen werden“, sagte ein Sprecher.
Die sächsische Landesregierung will wegen der Notsituation auf eine Zustimmung des Landtags zu der Übernahme verzichten.
Nach einem Gespräch mit Ministerpräsident Milbradt mäßigte die Opposition ihre Kritik daran. „Der Schritt ist notwendig, um einen Schlussverkauf bei der SachsenLB zu verhindern“, sagte Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau.