Süddeutsche Zeitung, 27.08.2007
Sorgenkind Sachsen
Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt steckt in der schwierigsten Phase seiner Amtszeit. Eine Krise jagt die andere. Korruption, Ausländerfeindlichkeit und kulturelles Banausentum sind die begleitenden Schlagworte, gegen die der CDU-Politiker zu kämpfen hat.
Am Freitag haben unabhängige Prüfer einen Zwischenbericht zur sogenannten "Aktenaffäre" um angebliche kriminelle Netzwerke im Freistaat vorgelegt und den Innenminister stark belastet: Er soll, ebenso wie der Landesverfassungsschutz, schwere Fehler gemacht haben. Kurz zuvor war Milbradts trotziger Kampf um den Bau der Dresdner Waldschlösschenbrücke zu Lasten des Weltkulturerbetitels gestoppt worden - von einer winzigen Fledermaus mit Namen "Kleine Hufeisennase". Und vergangene Woche brachten die Vorfälle von Mügeln, wo eine aufgebrachte Menschenmenge eine Gruppe von Ausländern belagerte, beschimpfte und misshandelte, schlagartig ins öffentliche Bewusstsein, dass der Freistaat nicht so weltoffen ist, wie er sich gibt. Vielmehr prägt eine latente Fremdenfeindlichkeit vielerorts die Stimmung.
Nun bricht auch noch das Desaster mit der Sachsen LB über Milbradt herein. Als früherer Finanzminister hatte er die Landesbank mitaufgebaut, nun muss er den Offenbarungseid des Instituts einräumen. Mit der Übernahme durch die Landesbank Baden-Württemberg wurde zwar ein Retter in höchster Not gefunden, doch die Schwaben wollen die noch längst nicht absehbaren Finanzrisiken des Instituts nicht übernehmen. Damit behält Sachsen eine schwere Hypothek: Das ostdeutsche Musterland könnte gleichsam über Nacht zum Sorgenkind geworden sein. cko