DIE WELT, 31.08.2007
SachsenLB-Kontrolleur Horst Metz unter Druck
Die sächsische Opposition und Teile der in Sachsen mitregierenden SPD drängen auch Finanzminister Metz zum Rücktritt. Sie werfen ihm vor, Hinweise über die bestehenden Risiken verschwiegen zu haben.
Nach dem Notverkauf der SachsenLB an die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) gerät der sächsische Finanzminister Horst Metz (CDU) immer stärker unter Druck. Als Chef des Verwaltungsrates trägt der Ostdeutsche gemeinsam mit Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) die politische Verantwortung für das Fiasko um die Landesbank. Dazu will Metz heute auf einer Landtagssondersitzung eine Regierungserklärung abgeben.
Opposition und Teile der in Sachsen mitregierenden SPD drängen auch Finanzminister Metz zum Rücktritt. Sie werfen ihm vor, den Bankengremien Hinweise über die Risken der milliardenschweren Engagements der SachsenLB und ihrer Tochter SachsenLB Europe plc. (SLBE) in Dublin verschwiegen zu haben. Metz nannte das gestern eine "ungeheuerliche Unterstellung". Risikoberichte seien regelmäßig verschickt worden. Das mag zutreffen. Gleichwohl hat Metz offenbar den Verwaltungsräten lange Zeit unliebsame Informationen vorenthalten. Exemplarisch zeigt das der Umgang mit einem Sonderprüfbericht, den die KPMG im Auftrag der Finanzaufsicht BaFin am 29. April 2005 vorgelegt hatte.
Das Dossier, in dem eklatante Missstände bei der Irland-Tochter SLBE aufgelistet sind, ist den Kontrolleuren bis heute nicht übergeben worden. Auch damit verbundene BaFin-Weisungen bekamen die Verwaltungsräte zunächst nicht zu Gesicht. Daraufhin beschwerte sich Wirtschaftsstaatssekretär und Verwaltungsrat Christoph Habermann (SPD) am 20. Januar 2006 bei BaFin-Chef Jochen Sanio. Dieser antwortete am 2. Februar 2006, er gehe "selbstverständlich" davon aus, dass die Mitglieder der Gremien "über wesentliche Vorgänge" informiert werden. Dazu gehörten auch vertrauliche Schreiben der BaFin. Metz sah sich bis Redaktionsschluss außer Stande, Fragen dieser Zeitung zu dem Komplex zu beantworten.
Auch nach einer der WELT ONLINE vorliegenden Strafanzeige wurde Metz früh vor Unregelmäßigkeiten bei der SLBE gewarnt. Die Staatsanwaltschaft Leipzig bestätigte den Eingang der anonymen Anzeige, die sich unter anderem gegen ehemalige und heutige Vorstände sowie den Verwaltungsrat richtet. Sie soll von einem ehemaligen Mitarbeiter stammen. Er behauptet, schon 2003 und 2004 sei "im Vorstand und Verwaltungsrat über unhaltbare Zustände der Tochter in Dublin" diskutiert worden. Um Risiken zu verschleiern, sei die Konzernrevision vom damaligen Vorstand genötigt worden, "bewusst falsche bilanzielle Bewertungen" vorzunehmen. Der Leipziger Oberstaatsanwalt Lutz Lehmann sagte der WELT: "Wir beziehen diese Strafanzeige in unsere Prüfung ein." Offene Fragen gibt es auch zur Rolle von Regierungschef Milbradt. Er soll mehrfach Bankangelegenheiten mit Vorstandschef Herbert Süß erörtert haben. Milbradt selbst sagt, er habe seit Anfang 2001 keine Funktion mehr in der Bank. Beobachter gehen aber davon aus, dass zentrale Entscheidungen mit ihm abgestimmt wurden.