Karl Nolle, MdL

Süddeutsche Zeitung, 01.09.2007

Dickköpfig durch die Krise - Nach dem Rücktritt des sächsischen Finanzministers

Kommentar von Christiane Kohl
 
Warum Ministerpräsident Georg Milbradt einen Teil der Probleme in Sachsen mit verschuldet hat und wieso es nicht mehr nur um den Rücktritt eines Ministers geht, sondern um das politische Schicksal von Milbradt selbst.

Krisentage sind Stresstage. Aber sie bieten auch die Möglichkeit, sich neu zu sortieren, manches anders zu machen als bisher und so am Ende doch gestärkt aus einer vermeintlichen Niederlage hervorzugehen.

Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) steckt in der schwierigsten Phase seiner Amtszeit. Er hat sich die Probleme zu einem Großteil aber selber zuzuschreiben. Durch allzu lange Hinhaltetaktik, schier unglaubliche Sturheit und eine gehörige Portion an politischer Instinktlosigkeit hat er es zugelassen, dass sich binnen kürzester Zeit eine Reihe von beherrschbaren Einzelkonflikten zu einer hochexplosiven Mischung zusammenbrauen konnten.

Jetzt geht es im Freistaat Sachsen nicht mehr nur darum, ob nach Finanzminister Horst Metz vielleicht noch ein zweiter Minister seinen Posten räumt, es geht um das politische Schicksal von Milbradt selbst.

Glaubt man Umfragen, die in den vergangenen Tagen veröffentlicht wurden, so ist das Ansehen des Regierungschefs und das seiner Partei in den Keller gerutscht. Nur noch 38 Prozent der sächsischen Wähler würden heute für die CDU stimmen, früher waren es mehr als 50 Prozent. Immer weniger Menschen vertrauen der Regierung. Milbradt ist schwer angeschlagen. Da hilft es auch nichts, dass er viel für den Freistaat geleistet hat.

Mit umsichtiger Haushaltspolitik schaffte er es, Sachsen als einziges ostdeutsches Bundesland in der A-Liga der finanziell besser gestellten Länder zu platzieren und zu halten. Zugleich haben er und seine Minister mit einer nachhaltigen Struktur- und Wirtschaftspolitik ein Wachstum erreicht, das Sachsen bei Bildung und Wissenschaft zu den begehrten Adressen in Deutschland macht.

Doch zu einer erfolgreichen Politik gehört nicht nur die Tüchtigkeit bei Sachentscheidungen - die Politik muss auch vermittelt werden. Da liegt das große Problem des sächsischen Regierungschefs. Er lässt einzelne Krisenherde zu lange glimmen, erklärt sein Handeln zu wenig und scheint zuweilen schlecht beraten zu sein.

Nur so konnte es passieren, dass in den vergangenen Monaten ein Konflikt dem anderen folgte. Da war zunächst die "Aktenaffäre", die sich zur Geheimdienstkrise ausgewachsen hat: Während aus der Landesregierung anfangs haarsträubende Theorien über angebliche Bedrohungen durch die organisierte Kriminalität verbreitet wurden, ist jetzt von einem "Hirngespinst" die Rede. Beides ist falsch, weshalb sich die Bürger zur Recht von der Politik verunsichert fühlen.

Dann die Provinzposse um die Dresdner Waldschlösschenbrücke, in der Milbradt die Rolle des unbelehrbaren Dickkopfs übernahm. Vor dieser Skandalkulisse ist die Krise um die SachsenLB fatal für Milbradt, denn sie schadet dem studierten Ökonomen in seiner Kernkompetenz, der Finanzpolitik. Milbradt muss jetzt Flexibilität in der Sache zeigen und zugleich die Aufklärung vorantreiben. Geradlinigkeit ist ehrenhaft, Sturheit aber führt zum Untergang.

Karl Nolle im Webseitentest
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