Welt am Sonntag, 02.09.2007
Modernes Deutschland: So profitieren wir von der Bankenkrise
Kolumne von Wolfgang Clement
Wie es so ist im Wirtschaftsleben: Die Krise im amerikanischen Im Iobilienmarkt, die derzeit die internationale Finanzwelt durchschüttelt, hat auch ihr Gutes. Sie legt Schwächen offen, auch die Schwächen unseres deutschen Finanzmarktes, und zwingt uns nicht nur zum Überdenken, sondern zu raschem Handeln.
Problem Nummer eins: die deutsche Finanzaufsicht. Sie ist zwiespältig, und zwar in des Wortes doppelter Bedeutung. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsieht, kurz BaFin genannt, und die Deutsche Bundesbank teilen sich die Aufsichtsaufgaben. Solche gut gemeinte Arbeitsteilung geht selten gut. Es sollte deshalb sehr rasch geklärt werden, ob daraus folgende Unklarheiten dazu beigetragen haben, dass die Aufsicht im Fall der Sächsischen Landesbank ganz offensichtlich sehr, sehr spät durchgreifend tätig wurde.
Aber auch unabhängig davon sollte die Bundesregierung die Doppelköpfigkeit an dieser äußerst sensiblen Stelle beenden. Täte sie es, spräche aus meiner Sicht alles dafür, die alleinige Zuständigkeit der Deutschen Bundesbank zu übertragen. Einziges Argument: Die Bundesbank ist unabhängig, frei von Weisungen und allein ihrem finanzwirtschaftlichen Sachverstand unterworfen. Das spricht für sie - zumal die deutschen Ausläufer der internationalen Finanzkrise ein zweites Problemfeld offengelegt haben.
Das ist die bankeninterne Aufsieht in Gestalt von Verwaltungsräten, die den Aufsichtsräten in der Privatwirtschaft entsprechen: Sie wird von den beteiligten öffentlichrechtlichen Körperschaften gestellt und das bedeutet in der Regel, dass aktive Politiker oder Beamte als Verwaltungsräte fungieren. Die sind gewiss nicht dümmer als Experten des internationalen Finanzwesens, aber sie sind eben im Normalfall jenem Expertenwissen nicht gewachsen. Wie sollen sie den internationalen Experten dann in der Aufsicht Paroli bieten? Deshalb sollte die Politik in Bund, Ländern und Gemeinden zu einer neuen Einsicht kommen: Aufsichtsräte oder Verwaltungsräte müssen nicht nur allgemein ökonomisch versiert, sondern sie müssen dem zu beaufsichtigenden Gegenstand gemäß auch fachlich absolut auf der Höhe der Zeit sein. In den bekannt gewordenen Fällen von IKB SachsenLB und auch WestLB war das offensichtlich nicht, jedenfalls nicht durchweg der Fall.
Für die Zukunft heißt das für die öffentlichen Hände: Benennt unabhängige Experten für die Aufsichtsaufgaben, lasst die Politik, so weit es geht, aus dem Spiel.
Das führt zum wichtigsten Problemfeld, den Landesbanken in Deutschland. Auch hier gibt es, seit die Europäische Union ihnen die öffentlich-rechtliche Gewährträgerhaftung nahm, eine absolut neue Lage. Sie haben ihre ursprüngliche Rolle als Kapitalsammelstellen der Sparkassen und als Strukturbanken der Länder ganz oder weitestgehend verloren. Das ist auch das Ende der faktisch landespolitischen Führung dieser nun in Deutschland vorhandenen Bankenspezies.
Die Konsequenz: Eine Neuordnung der Landesbankenszene ist fällig. Sie sollte nicht mehr politisehen Strickmustern (eine Nordversus eine Südbank), sondern nach den Regeln der bankmäßigen Kunst folgen. Es würde dann - zum Beispiel - ein Zusammengehen der besten deutschen Landesbank, nämlich der LBBW aus BadenWürttemberg, mit der WestLB aus Nordrhein-Westfalen sehr wahrscheinlich, und das wäre auch gut so. Weitere würden folgen.
So wohnte der amerikanischen Krise auch für uns eine Chance zum Neuanfang inne, nämlich: eine zweite, relativ große deutsche Bank anstelle von - noch - vorhandenen sieben Landesbanken.
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