Karl Nolle, MdL

Agenturen dpa, 09:00 Uhr, 12.09.2007

SPD-Fraktionschef sieht Koalition bei Hochschulpolitik auf Irrweg

 
Dresden (dpa/sn) - SPD-Fraktionschef Cornelius Weiss (74) sieht die schwarz-rote Koalition in Sachsen bei der Hochschulpolitik auf einem Irrweg. «Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) glaubt, dass nur Wirtschaftsstrukturen auf die Hochschulen übertragen werden müssen, damit alles seinen Gang geht», sagte Weiss im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. Das sei aber ein Trugschluss. Diesen Konflikt habe Milbradt bereits mit dem früheren sächsischen Wissenschaftsminister Hans Joachim Meyer (CDU) ausgefochten.

Laut Weiss hat die Koalition mit dem Hochschulgesetz im Juli die Probleme nicht gelöst: «Wir haben einen unangenehmen Kompromiss nach dem anderen geschluckt. Da gibt es die Abschaffung des Konzils, Fremdbestimmung durch den Hochschulrat und eine wachsende Macht des Rektors - alles Dinge, die aus meiner Sicht wissenschaftsschädlich sind.» Wissenschaft folge anderen Kriterien und Mechanismen. Zuletzt sei mit dem Ausstieg aus dem Flächentarif für das Personal sogar eine sozialdemokratische Grundüberzeugung geopfert worden.

Weiss war bei der Abstimmung in der Fraktion im Sommer überstimmt worden - für ihn nun ein Auslöser für das vorzeitiges Ausscheiden aus dem Amt. In den kommenden Tagen will er den Posten aufgeben. Der frühere Rektor der Leipziger Universität und Chemieprofessor forderte eine größtmögliche Freiheit für die Wissenschaft. «Wer jetzt von ergebnisorientierten Leistungs- und Kontrollmechanismen spricht, geht davon aus, dass man das Ergebnis von Wissenschaft schon kennt. Das ist aber keine Wissenschaft mehr.»

Weiss zufolge kann der geplante Hochschulrat mit vielen externen Mitglieder die Situation vor Ort nicht einschätzen. «Wenn sich Kaffeetrinker drei Mal im Jahr treffen und dann Ratschläge erteilen, die für die Hochschulen verbindlich sind, ist die Wahrscheinlichkeit von Irrungen groß.» Zudem könnten Betreffende nicht zur Verantwortung gezogen werden, wenn ihr Rat scheitere. Schon zu DDR-Zeiten hätten sich Vorgaben von außen als falsch erwiesen: «Da konnte man beim Formulieren von Zielen das Blaue vom Himmel herunterlügen.»

Im geforderten Leistungssystem haben es laut Weiss vor allem die Geisteswissenschaftler und Grundlagenforscher schwer: «Hier kann man Leistungen viel schlechter dokumentieren.» Leider seien heute eingeworbene Drittmittel das entscheidende Kriterium für Exzellenz. «Wenn ich ein Lokomotivrad konstruiere, ist das eine gute Ingenieurleistung, aber noch lange keine exzellente Wissenschaft. Wer herausfinden will, was die Welt im Innersten zusammenhält, bekommt dagegen keine Drittmittel. Das sind grobe Irrtümer.»

Gespräch: Jörg Schurig, dpa

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120900 Sep 07

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