Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 13.09.2007

Staatsanwalt Drecoll: „Angehörige der Justiz auf Jahre beschädigt“

 
Dresden. Der Ruhestand kommt unpassend: Henning Drecoll, Leitender Oberstaatsanwalt in Dresden, hat sich intensiv in die Aktenaffäre eingearbeitet, wird aber nächste Woche 65 und geht in den Ruhestand.

Frage: Wie tief ist der „Sachsen-Sumpf“?

Henning Drecoll: Je tiefer wir in die Akteninhalte vordringen, um so mehr heiße Luft kommt heraus. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt lässt sich sagen: Es gibt keine kriminellen Netzwerke. Es gibt in Sachsen keine Korruptionsaffäre von ungeahntem Ausmaß.

Sondern?

Es gibt eine Affäre der Personen, die für die Akteninhalte verantwortlich sind. Nennen Sie es Aktenaffäre oder Verfassungsschutzaffäre, aber bitte nicht Sachsen-Sumpf.

Können Sie einen Beleg für Ihre Aussagen nennen?

Ein Beispiel: Einige ganz gravierende Vorwürfe beruhen auf der Mitteilung einer Quelle. Diese Quelle hat aber teilweise bestritten, diese Äußerungen getätigt zu haben. Das ist auch der Grund, weshalb wir Bedenken gegen eine Akteneinsicht durch den Untersuchungsausschuss zum jetzigen Zeitpunkt haben. Die Untersuchung ist noch im Fluss, sie ist besonders schützenswert. Da darf nichts über undichte Stellen nach außen dringen.

Wann werden Ihre Ermittlungen abgeschlossen sein?

Das ist nicht absehbar, zumal eine Schlüsselperson gegenwärtig nicht vernehmungsfähig ist. Der Verfassungsschutz hat uns alle Aktenbände bis auf den Tatkomplex Osteuropa überstellt. Neun hochqualifizierte Leute, die von mir ausgesucht wurden, tun nichts anderes als untersuchen, untersuchen und untersuchen. Wir führen zum Teil sechsstündige Vernehmungen, gehen jeder Spur nach. Wir sind schon sehr tief in den Dingen drin, fast jeden Tag kommen Zeugen aus ganz Deutschland. Es ist bis jetzt überwiegend heiße Luft, die völlig unbescholtene Mitbürger verbrannt hat. Darunter untadelige Justizangehörige, die auf Jahre beschädigt wurden.

Was könnten Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz für ein Motiv haben, mit unrichtigen Vorwürfen so eine Affäre loszutreten?

Da gibt es einen Strauß von Spekulationen. Wir wissen auch noch nicht, was die Wahrheit ist. Ich bedauere, dass ich die Arbeit nicht fortsetzen kann. Ich wollte die Sache zu einem gewissen Ende bringen.

Nimmt die Landespolitik Einfluss?

Mir kommt die Galle hoch, wenn dies von Politikern immer wieder behauptet wird. Wir werden nicht instrumentalisiert, wir werden nicht gegängelt, wir werden nicht in eine Richtung gedrängt!

Interview: Thomas Hartwig

Karl Nolle im Webseitentest
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