www.juergen-roth.com, Blog, 14.09.2007
Hexenjagd und kein Sachsensumpf - Lasst die Sachsen schlafen
Ach, die glücklichen sächsischen Bürger. Anfang August erklärte der sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Wanderwitz im Zusammenhang mit dem Sachsensumpf: Es gehe jetzt darum, das Thema „totzumachen.“ Dem folgten einige Medien, wie die FAZ. Nun hat Henning Drecoll, Leiter der Staatsanwaltschaft Dresden, endlich Klarheit geschaffen. Nichts ist dran an korrupten Netzwerken in Sachsen, nichts wahr von dem was die Verfassungsschützer erarbeitet haben, zwei Innenminister haben einem Phantom, dem der Organisierten Kriminalität, nachgejagt.
Und bei allem, was bislang untersucht wurde, ist nur heiße Luft herausgekommen und völlig unbescholtene Bürger, sogar selbst untadelige Mitarbeiter der Justiz, wurden verbrannt. Der Untersuchungsausschuss ist also vollkommen überflüssig. Auf jeden Fall – die sächsischen Bürger können nun beruhigt weiter schlafen. Einige leitende Oberstaatsanwälte und die CDU wachen glücklicherweise darüber, dass dieser Schlaf der Bürger nicht gestört wird.
Trotzdem bleiben unendlich viele Fragen offen. Was ist denn mit der italienischen und osteuropäischen Mafia? Alles Hirngespinste? Was ist mit Plauen? Kein Fitzelchen von dem, was wir in dem Buch „Anklage unerwünscht“ geschrieben haben, konnte widerlegt werden. War das kein mafioser Sumpf?
Wie und mit welchen Methoden wurden Zeugen durch einige Staatsanwälte der Ermittlungseinheit, die vom Leiter der Staatsanwaltschaft Dresden geführt wurde, vernommen? Stimmt es, dass ein Oberstaatsanwalt Zeugen angeschrieen, massiv eingeschüchtert hat und sich dabei noch dazu bekannte nur die FAZ zu lesen und keine andere Zeitung? Stimmt es, dass Staatsanwälten Fälle entzogen wurden, weil ihre korrekte Arbeitsweise nicht so recht ins angestrebte Konzept ihrer Amtsleitung passte? Wurde die alarmierende Telefonnotiz des Oberstaatsanwalts Dahms aus Leipzig vom 11. Februar 2003 ausgewertet? Und wurde die Zeugenvernehmung von Michael W. vom 11. Juli 2000 wirklich bei seiner erneuten Vernehmung im Juli dieses Jahres herangezogen? Und was ist eigentlich daraus geworden? Wurde das eingestellte Verfahren im Zusammenhang mit Landrat Czupalla noch einmal nachgeprüft? Wurde der Unternehmer Köberle vernommen, der schwere Vorwürfe gegen bestimmte Staatsanwälte erhoben hat? Wurde der ehemalige Oberbürgermeister von Görlitz vernommen, der ebenfalls schwere Vorwürfe gegen bestimmte Politiker erhoben hatte?
Und wenn nun ein weiterer Zeuge des Verfassungsschutzes seine Aussage teilweise zurückgezogen hat – unter welchen Bedingungen und welchen Voraussetzungen hat er seine Aussage zurückgezogen?
Was ist mit den Aussagen des ehemaligen Leiter des Liegenschaftsamtes zur Plaunsdorf-Affäre? Wurde da überhaupt ermittelt? Und so weiter und so weiter. Es war Wolfgang Hetzer, der persönliche Berater des OLAF-Direktors, der folgendes sagte: Es gibt inzwischen eine Entwicklung in der Korruption, die mit dem herkömmlichen Strafgesetz nicht mehr zu verfolgen ist und: „Die Finanzierungsbedürfnisse der Parteien, die Machtinteressen von Politikern und die Gewinnorientierung von Unternehmen scheinen immer stärker in unheilvoller Weise zusammenzuwachsen.
Insbesondere die Korruption hat sich zum verführerischsten und gefährlichsten Leitmotiv der Moderne entwickelt. Sie ermöglicht es auch der OK auf Waffengewalt zu verzichten. Geld räumt jeden Weg geräuschlos frei: Jede Gesellschaft hat schließlich die OK, die sie verdient, weil sie an ihr und mit ihr verdient.“ Das sagte er übrigens 3. September 2007 in Dresden beim 10. Internationalen Forum für Staatsanwälte zur Bekämpfung des Organisierten Verbrechens. Grußworte hielt, wie sinnig, der Staatsminister der Justiz Geert Mackenroth. Eröffnet wurde der Kongress von Generalstaatsanwaltschaft Jörg Schwalm. Vielleicht hat man ja von den Erfahrungen der Staatsanwälte aus Bulgarien und Rumänien, die ebenfalls anwesend waren, einiges Neues lernen können.
Jürgen Roth