Karl Nolle, MdL

spiegel-online, 15.09.2007

Panik in Grossbritannien: Besorgte Kunden stürmen Hypothekenbank

 
Kaum hat die US-Immobilienkrise eine britische Hypothekenbank erreicht, ergreift Panik die Bankkunden: Heute bildeten sich Schlangen vor den Filialen der Northern Rock. Die Sparer wollen ihr Geld in Sicherheit bringen. Nach SPIEGEL-Informationen könnten auch deutsche Anleger betroffen sein.

London - Vor den Filialen einer britischen Hypothekenbank, die durch die US-Immobilienkrise in Schwierigkeiten geraten war, haben sich heute schon vor der Schalteröffnung lange Schlangen besorgter Kunden gebildet. Bereits gestern hatte sich unter den Kunden der Bank Northern Rock Panik breit gemacht, nachdem die Bank of England mitgeteilt hatte, sie habe dem angeschlagenen Baufinanzierer mit einer Finanzspritze unter die Arme gegriffen. Die britische Notenbank hatte die Höhe der Unterstützung nicht genannt und lediglich mitgeteilt, mit der Hilfe solle die Northern Rock über Wasser gehalten werden, "bis ihre Liquiditätsprobleme gelöst sind".

Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet unter Berufung auf einen nicht näher genannten Pressebericht, gestern hätten Kunden der Bank bereits eine Milliarde Pfund (1,44 Milliarden Euro) abgehoben, was etwa vier Prozent der Einlagen entspreche. Der "Independent" titelte mit der Schlagzeile "Panik auf den britischen Straßen".

Northern Rock ist die erste britische Bank, die in Folge der US-Immobilienkrise in Bedrängnis geraten ist. Wegen einer vergleichsweise geringen Höhe an Kundeneinlagen ist die Bank auf Mittel angewiesen, die sich Institute untereinander am Geldmarkt leihen. Dort sind die Zinsen in den vergangenen Wochen aber auf das höchste Niveau seit neun Jahren gestiegen, da die Banken wegen der allgemeinen Unsicherheit nur noch zögerlich Geld verleihen. Dies trieb die Finanzierungskosten für Northern Rock - dem britischen Marktführer bei neuen Hypotheken - enorm in die Höhe und führte letztlich zu dem Engpass.

Außerdem hat Northern Rock wie Branchekollegen jahrelang Immobilienfinanzierungen an Investoren weiterverkauft. Die komplexen Finanzinstrumente haben so schillernde Namen wie Granite, Dolerite und Whinstone.

Nach Informationen des SPIEGEL könnte die Krise bei Northern Rock auch deutsche Anleger und Banken treffen, da sich auch deutsche Fonds mit den großzügig verzinsten Papieren eindeckten. So halten etwa DWS-Fonds laut Halbjahresberichten Positionen von Granite. Allianz-Fonds investierten in Granite und Dolerite. "Diese Papiere leiden alle", sagt Dominique Linder, Experte für besicherte Wertpapiere bei der Allianz. Da Northern Rock für die verkauften Hypotheken immer noch die Abwicklung der Zinseinnahmen übernehme, "besteht nun bei Investoren die Angst, dass es dort zu Störungen kommen könnte".

Auch Landesbanken wie die LBBW und die BayernLB dürften laut Insidern von der Northern-Rock-Krise betroffen sein. In ihren umstrittenen Investmentvehikeln, die außerhalb der Bilanz installiert wurden, stecken milliardenschwere Pakete mit verbrieften, britischen Hypotheken. Zur genauen Zusammensetzung will man aber weder in München noch in Stuttgart eine Stellungnahme abgeben.
kaz/AFP/Reuters

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