Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp-lsc, 17:31 Uhr, 17.09.2007

Korruptionsausschuss ohne Regierungshilfe - Justizminister führt rechtliche Bedenken an

Klage der Opposition wahrscheinlich
 
Dresden (ddp-lsc). Der Streit um den Untersuchungsausschuss zur Korruptionsaffäre spitzt sich zu. Nach Auffassung zweier von der Staatsregierung beauftragter Rechtsgutachter arbeitet das vor zwei Monaten vom Landtag eingesetzte Gremium auf verfassungswidriger Grundlage. Während Justizminister Geert Mackenroth (CDU) dies zum Anlass nahm, dem U-Ausschuss jede inhaltliche Unterstützung durch die Regierung aufzukündigen, sprach Ausschusschef Klaus Bartl (Linke) am Montag von «verfassungsrechtlichen Nebelkerzen». Die Opposition stellte zugleich eine Verfassungsklage in Aussicht, um damit die Herausgabe der vom Innenministerium derzeit zurückgehaltenen Akten des Verfassungsschutzes zu erzwingen. Dann hätten die Leipziger Richter auch die Zulässigkeit des Einsetzungsbeschlusses zu bewerten.

Nach Ansicht der Juristen Paul Glauben und Ralf Brinktrine, die laut Mackenroth ihre Gutachten unabhängig voneinander erstellten, ist der Untersuchungsauftrag mit schweren Mängeln behaftet. Laut dem an der Universität Leipzig lehrenden Privatdozenten Brinktrine wurde beispielsweise das Wertungsverbot nicht eingehalten. Glauben nannte den Einsetzungsbeschluss «nicht nachvollziehbar». Gegen ihn könnten nach Auffassung der beiden Experten sowohl Regierung als auch vorgeladene Zeugen rechtliche Schritte einleiten. Die Staatsregierung habe bis zum 19. Januar für eine Organklage gegen die Einsetzung des Ausschusses Zeit.

Mackenroth bezeichnete die Expertisen als «fast vernichtendes Urteil». Zugleich kündigte er an, dass vonseiten der betreffenden CDU-Ministerien die inhaltliche Unterstützung für den U-Ausschuss ausbleiben werde, solange es keine rechtliche Klärung oder Nachbesserung des Untersuchungsauftrags gebe: «Wer selbst außer Kontrolle ist, sollte andere nicht kontrollieren.» Mackenroth forderte den Untersuchungsausschuss zugleich auf, den Weg dafür zu ebnen, dass der Landtag noch in der nächsten Woche einen korrigierten Einsetzungsbeschluss fassen könne. Für eine solche «elegante Nachbesserung» bot er zugleich die Formulierungshilfe der Staatsregierung an.

CDU-Ausschussobmann Christian Piwarz sieht indes allein Linke, FDP und Grüne gefordert. Diese könnten nun in Leipzig klagen. SPD-Obmann Karl Nolle verlangte, die rechtlichen Bedenken zügig auszuräumen. Zugleich begrüßte er, dass Koalitionspartner CDU künftig nur noch auf sauberer rechtsstaatlicher Grundlage arbeiten wolle. In dieser Hinsicht gebe es vor allem im Justizbereich «noch allerhand Reserven».

Linke-Fraktionschef André Hahn warf der Regierung «Verzögerung und Vertuschung» vor. Sie versuche, den Ausschuss kaltzustellen. Grünen-Ausschussvertreter Johannes Lichdi sagte, die Gutachten enthielten nach einer ersten Durchsicht, «keine neuen Gesichtspunkte». Sein FDP-Kollege Jürgen Martens nannte Mackenroths Verhalten «eine grobe Missachtung des Parlaments».

Als wahrscheinlich gilt derzeit eine Klage der Opposition vor dem Verfassungsgerichtshof nach der mit rechtlichen Bedenken begründeten Weigerung des Innenministeriums, Akten an den U-Ausschuss herauszugeben. Dieser war vom Landtag am 19. Juli eingesetzt worden. Das Gremium soll die Verantwortung von Regierungsmitgliedern für etwaige schwerwiegende Mängel bei der Aufdeckung und Verfolgung krimineller Netzwerke in Sachsen untersuchen.

(Quellen: Mackenroth, Glauben und Brinktrine vor Journalisten in Dresden; Nolle auf Anfrage; alle anderen in Mitteilungen)
Von Tino Moritz

ddp/tmo/pon
171731 Sep 07

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