DNN/LVZ, 25.09.2007
„Wir haben noch zwei Jahre Zeit“
Neuer SPD-Fraktionschef Dulig mahnt eigene Partei und Koalition zu mehr Gelassenheit / Abgrenzung zur Linken
Dresden. Martin Dulig, mit 33 Jahren bereits Vater von sechs Kindern und seit Freitag neuer Chef der sächsischen SPD-Landtagsfraktion, hat sich nun noch eine weitere, gewaltige Turnübung vorgenommen: Er will neben der CDU unter Georg Milbradt eine „konstruktive Rolle“ in der Dresdner Regierungskoalition spielen – und zugleich das Profil der SPD als eine „linke Volkspartei“ schärfen. „Wir haben noch zwei Jahre Zeit, ein paar Gänge hochzuschalten“, sagte Dulig gestern in einem ersten Pressegespräch nach seiner Wahl in der Fraktion.
Es tue dem Land gut, so das Credo des früheren Juso-Chefs, dass die SPD nach der CDU-Alleinherrschaft endlich mitregiere. Doch schaue man auf die Umfragewerte, sei dies den Wählern offenbar nicht glaubhaft gemacht worden. In der Tat: Die Sozialdemokraten rutschten im vergangenen Vierteljahr schon zwei Mal auf nur acht Prozent Zustimmung, dazwischen war es gerade zehn bis zwölf Prozent. Er sehe seine Aufgabe folglich darin, dass SPD-Positionen in der Koalition „besser rüberkommen“, so Dulig, „auch wenn’s mal weh tut“.
Zur Koalition stehe er dennoch, betont Dulig ohne Abstriche. „Ich will, dass die Regierung bis zum Ende steht.“ Die SPD solle dabei in Zukunft nicht mehr über jedes Stöckchen springen, dass man ihr hinhalte. Die Glaubwürdigkeit der Partei habe darunter gelitten, dass sie schon mehrfach erklärt habe: Noch einen Schritt, und dann ist es vorbei. „Wir sollten die Dinge lieber im Vorfeld abräumen“, sagt Dulig, der seit drei Jahren als Parlamentarischer Geschäftsführer im Landtag seine Erfahrungen mit der CDU gesammelt hat. „Wenn wir Auseinandersetzungen öffentlich führen, zeigen wir offene Flanken.“ Duligs Vorgänger Cornelius Weiss war vorige Woche mit scharfen Angriffen auf Milbradt zurückgetreten. Der Ministerpräsident habe die SPD „wie ein Bulldozer“ überrollt.
Doch Dulig, der aus einem christlichen Elterhaus stammt, plant die Profilierung auch nach links – und kündigt gegenüber der Linken schärfere Auseinandersetzungen an. „Wir müssen die Themen besetzen, die uns gehören“, sagt er. Der Anspruch als „Volkspartei“ messe sich dabei nicht an den Mitgliederzahlen von nur etwa 4500 und dem bisher letzten Wahlergebnis von 9,8 Prozent, sondern daran, dass die SPD soziale Politik für alle mache und sich nicht auf eine Klientel spezialisiere.
Bislang sei die Auseinandersetzung mit der früheren PDS „zu dogmatisch“ geführt worden. Rückblickend sei es zudem ein Fehler gewesen, nach der Wende frühere SED-Mitglieder nicht in die SPD aufgenommen zu haben – auch wenn es zur damaligen Zeit sehr verständlich gewesen sei.
Sven Heitkamp