Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 27.09.2007

„Sachsen wollen auch Sachsen“

Der scheidende Chef der Staatskanzlei, Hermann Winkler (44), zur aktuellen Kabinettsumbildung.
 
Herr Winkler, Regierungschef Georg Milbradt hat Sie als Minister ohne ein Dankeswort entlassen. Viele empfanden die Art und Weise als rüde. Sie auch?

Die Art und Weise der Bekanntgabe in der Fraktion hat für Irritationen gesorgt. Und sie hat auch mich betroffen gemacht. Inzwischen habe ich ein langes Gespräch mit Georg Milbradt geführt. Alle Missverständnisse sind ausgeräumt. Er hat wieder meine volle Unterstützung.

Was sorgte für die Irritationen?

Ich war über wichtige Details der Amtsübergabe an meinen Nachfolger Michael Sagurna nicht informiert. Dass ich entlassen werden sollte, wusste ich natürlich bereits seit vergangener Woche.

In der CDU-Fraktion löst die jüngste Kabinettsumbildung keine Begeisterungswelle aus. Das müssen Sie doch spüren?

Es gibt viele in der Fraktion, denen ich ein Ministeramt zutraue. Doch die Zahl der Posten ist begrenzt. Und dass sich Sachsen auch Sachsen an der Spitze wünschen, ist doch ebenso verständlich. Ich hätte bei dieser Kabinettsumbildung jedenfalls nicht in der Haut von Georg Milbradt stecken mögen.

Der hat im Vorfeld heftig kritisiert, dass die Kommunikationsarbeit der Regierung mangelhaft sei. Das zielt doch klar auf Sie als Chef der Staatskanzlei?

Für die Aufgabe ist nicht allein der Chef der Staatskanzlei verantwortlich. Er trägt aber die politische Verantwortung und der stelle ich mich. Ich fühle mich deshalb jetzt auch nicht ungerecht behandelt.

Sie haben kürzlich einen Herzinfarkt erlitten. Spielte das bei der Entlassung auch eine Rolle?

Ich bin wieder zu hundert Prozent hergestellt. Im Tennis habe ich bereits vier Dreisatz-Kämpfe hinter mir, leider aber alle verloren. Die Erkrankung war insofern unglücklich, dass sie gerade zu Beginn der Akten-Affäre auftrat und ich somit nicht selbst handeln konnte.

Im Fußball gibt es für solche Fälle Ersatzspieler. Wo waren die?

Unser Personalbesatz ist nun mal nicht groß. Und wenn ein Minister ausfällt, ist er schwer zu ersetzen.

Mit Ihnen fliegt der letzte jener Minister aus dem Kabinett, die Georg Milbradt 2002 bei dessen Amtsübernahme kräftig unterstützt hatte. Nur ein Zufall?

Georg Milbradt hat auch neue Weggefährten hinzubekommen. Außerdem bin ich ja noch da, in der CDU-Landtagsfraktion zum Beispiel. Ich würde diesen Umstand deshalb nicht überbewerten.

Sie haben für Milbradt oft die öffentliche Prügel eingesteckt – auch jetzt. Warum sind Sie weiterhin so übermäßig loyal?

Ich schätze Loyalität als Grundlage von Zusammenarbeit. Deshalb habe ich auch im Streit um die Kreisreform in meinem Landtagswahlkreis Grimma stets die Regierungsmeinung vertreten, die dort strikt abgelehnt wird. Auch jetzt drehe ich mein Fähnchen trotz der Entlassung nicht nach den Wind.

Es ist aber absehbar, dass Sie deshalb nach dem Ministeramt auch Ihren Wahlkreis verlieren?

Die Frage, ob ich zur Landtagswahl 2009 erneut kandidiere, entscheide ich mit meiner Partei vor Ort.

Sie sind Ingenieur. Eine Alternative, wenn es mit dem Mandat künftig nicht mehr klappt?

Als Ex-Minister habe ich im Moment ganz andere Probleme: Die Dresdner Wohnung auflösen, ein Auto kaufen und mir ein Privathandy zulegen. Über Nominierungen wird später entschieden. Als Ingenieur wäre es für mich aber schwer, da ich zu lange aus dem Beruf raus bin. Ich bin und bleibe Vollblut-Politiker. Nach zwei Wochen Urlaub suche ich mir deshalb ein Aufgabenfeld in der Fraktion.

Wann haben Sie es eigentlich am stärksten bereut, in die Politik eingestiegen zu sein?

Das war der Moment, als ich kürzlich meine zwei erwachsenen Töchter zu Auslandsaufenthalten verabschiedet habe und dabei merkte, dass ich für sie 17 Jahre zu wenig Zeit gehabt hatte.

Das Gespräch führte Gunnar Saft

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: