Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 26.09.2007

Neue Spieler – altes Spiel

Mit drei Wechseln im Kabinett versucht Georg Milbradt den Befreiungsschlag – doch die Fraktion hinter ihm bröckelt.
 
Die Entscheidungen sind mir nicht leicht gefallen“, sagt Georg Milbradt. „Aber ich bin in der Situation eines Fußballtrainers und muss tun, was im Augenblick am nötigsten ist, um das Spiel wieder in Schwung zu bringen.“

Das Gesicht des Regierungschefs ist angespannt, müde, leer – erschöpft wirkt der 62-Jährige. Dabei will er doch die Umbildung seines Kabinetts bekanntgeben, die den seit Wochen versprochenen „Neuantritt“ der CDU markieren soll. Doch Milbradt liest die vorbereiteten Zettel mit den Namen, Daten, Aufgaben ab, als würde er gerade seinen eigenen Rücktritt bekanntgeben. Nur seine glücklose Regierungssprecherin Katrin Träger ist an seiner Seite; und sie nimmt das Ende ihrer Wirkungszeit nach nur 18 Monaten im Amt ebenso reglos entgegen, wie der Mann neben ihr, der es vorträgt.

Umweltminister Stanislaus Tillich (CDU) wird Finanzminister. „Er war der Erste, den ich angesprochen habe und der Erste, der zugesagt hat“, begründet Milbradt die Nachfolge von Horst Metz, der wegen der Landesbank-Krise am Freitag zurücktritt.

Mit Ex-Regierungssprecher Michael Sagurna holt sich Milbradt zudem den engsten Vertrauten seines Intimfeindes Kurt Biedenkopf in die Staatskanzlei. „Die Frage der Vergangenheit hat bei meinen Überlegungen keine Rolle gespielt.“, sagt Milbradt dazu knapp. Er habe auch einem Jüngeren „eine Chance geben“ wollen, begründet er die Berufung des Hochschulexperten Roland Wöller zum Umweltminister.

Kurz zuvor hatte Milbradt im Landtag der CDU-Fraktion seine Entscheidungen mitgeteilt. Applaus gab es Teilnehmern zufolge nur an einer Stelle: als Milbradt seinem durch die Verfassungsschutz-Affäre angeschlagenen Innenminister das Vertrauen ausspricht. Die Kreis- und Verwaltungsreform sei das wichtigste Projekt, sie gelte es abzuschließen. Albrecht Buttolo bleibt nach SZ-Informationen aber höchstens bis Frühjahr 2008. Verstärkt wird er durch Andrea Fischer, die als Staatssekretärin ins Innenministerium wechselt.

Unmut in der CDU

Nicht einmal fällt der Name Hermann Winkler bei der trockenen Aufzählung seiner Entscheidungen in der Fraktion. Ex-Wissenschaftsminister Mathias Rößler meldet sich zu Wort. Er habe das doch jetzt nicht so ganz verstanden, sagt Rößler, der selbst als Finanz- und Umweltminister im Gespräch war. Wer jetzt wann Staatssekretär und Minister werde. Ob Milbradt das nochmal erklären könne, spielt er auf die Rochade in der Staatskanzlei an. Denn Ex-Regierungssprecher Michael Sagurna wird zum 15.Oktober zunächst – so Milbradt – „als Staatssekretär reaktiviert“; zum 7. November wird er dann Minister.

Auch Noch-Staatskanzleichef Hermann Winkler hört da aufmerksam zu. Dann bittet er seinen Noch-Chef vor versammelter Fraktion um ein Gespräch. Es gibt eine peinliche Auszeit vor den Augen der Parteifreunde. Aufgeregtes Getuschel. Später heißt es gerüchteweise, Winkler sei über die Details seines Ausstiegs und den parallelen Einstieg Sagurnas – drei Wochen sollen sie zusammen in der Staatskanzlei arbeiten – überrascht, verärgert, auch menschlich enttäuscht. Ab November bleibt Winkler zunächst nur noch sein Landtagsmandat. Gedrückte Stimmung in der Fraktion. Schon wieder zwei Westdeutsche als Minister, heißt es zum Teil enttäuscht.

Neue Spieler, altes Spiel. Das fand auch die SPD. Sie erfuhr gestern aus der SZ, dann von der CDU die Personalia. „Ob das der große Wurf war, den Milbradt versprochen hat, bleibt abzuwarten“, sagte SPD-Generalsekretär Dirk Panter. Kritik auch von der Opposition. FDP-Chef Holger Zastrow sieht die Chance auf einen Neuanfang verspielt. Linksfraktionschef Andre Hahn lästerte: „Wenn man Sagurna in die Staatskanzlei holt, kann man auch gleich Kurt Biedenkopf wieder zum Regierungschef machen.“ Milbradt sei ein „Ministerpräsident auf Abruf“, so Grünen-Chefin Antje Hermenau.
Von Annette Binninger

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