Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp-lsc, 18:26 Uhr, 08.10.2007

«Hartz»-Streit erreicht Sachsen - Milbradt gibt Müntefering Recht

DGB und Linke kritisieren Ablehnung einer längeren ALG-I-Bezugsdauer
 
Dresden/Leipzig (ddp-lsc). Der Streit um die Verlängerung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I (ALG I) für ältere Erwerbslose erreicht den Freistaat. Gewerkschaften und Linke kritisierten Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) am Montag für seine Ablehnung einer längeren Zahlung. Milbradt leide unter «Realitätsverlust», monierte DGB-Landeschef Hanjo Lucassen. Linksfraktionschef André Hahn warf dem Regierungschef einen «Konfrontationskurs» vor und sprach sich für eine «Generalkorrektur» von «Hartz IV» aus. Milbradt sagte indes: «Im SPD-internen Machtkampf gehört meine Unterstützung dem Vizekanzler Franz Müntefering».

Hahns Einschätzung, dass Milbradt mit seinem Vorstoß einen neuen Koalitionskrach in Sachsen provoziere, wies SPD-Generalsekretär Dirk Panter zurück. Hahn wolle damit lediglich «Zwietracht säen». CDU und SPD würden trotz unterschiedlicher Standpunkte nicht aneinander geraten, sagte Panter. Er verwies zudem darauf, dass es sich beim Thema ALG I zunächst um eine SPD-interne Debatte auf Bundesebene handle. Die Sozialdemokraten wollen sich auf ihrem Bundesparteitag am 26. Oktober in Hamburg auf eine Position festlegen.

Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) hatte sich Ende vergangener Woche für die von SPD-Chef Kurt Beck gewollte längere Bezugsdauer von ALG I für ältere Menschen ausgesprochen. Der frühere SPD-Chef Müntefering lehnt den Vorschlag von Beck hingegen vehement ab.

Auch Milbradt kritisiert Becks Vorstoß und nannte diesen rückwärtsgewandt. Zugleich befürwortete er das

Kommunal-Kombilohn-Modell von Bundesarbeitsminister Müntefering, nach dem in Regionen mit einer Arbeitslosenquote von mindestens 15 Prozent bis zu 100 000 Arbeitsplätze durch Fördermittel geschaffen werden sollen. «Dieses Modell würde Ostdeutschland wirklich helfen, da ein Großteil der förderfähigen Regionen in den neuen Ländern liegt», sagte Milbradt.

Der Regierungschef appellierte zugleich an die SPD, den parteiinternen Machtkampf zu beenden. Sie solle aufhören, Müntefering «weiter zu demontieren». Lucassen hob hingegen hervor, dass die derzeitige Bezugsdauer «zu den größten sozialen Ungerechtigkeiten der 'Hartz'-Reform» gehöre. Sie habe die Chancen von Älteren massiv verschlechtert, unter anderem, weil viele nur kurzfristig Maßnahmen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt erhielten. Betroffene stürzten aufgrund der kurzen Zahlungsdauer «in das Loch 'Hartz IV'», anstatt schnell wieder Arbeit zu finden.

Lucassen forderte überdies, die Erstattungspflicht des Arbeitslosengeldes für Arbeitgeber, die langjährige Beschäftigte entlassen, wieder einzuführen. Dies würde die Kosten der öffentlichen Hand für längere Zahlungen senken.

Hahn bezeichnete die «erkennbare Bewegung bei den Sozialdemokraten» als «ersten Schritt in die richtige Richtung». Er kündigte an, dass die Linke einen Antrag auf Neuregelung von ALG I in den Landtag einbringen werde. Milbradt stelle sich mit seiner ablehnenden Haltung nicht nur gegen den Koalitionspartner, sondern auch gegen die CDU auf Bundesebene.

(Quellen: Milbradt in «Leipziger Volkszeitung» (Montagausgabe und Dienstagausgabe); DGB und Linke in Mitteilungen; Panter auf ddp-Anfrage)

Von Diana Wild und Tino Moritz
ddp/tmo/pon
081826 Okt 07

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