Dresdner Morgenpost, 09.10.2007
Parteichef Thomas Jurk macht die Beck-Rolle rückwärts
Sachsen-SPD: Mit Wohltaten für Ältere aus Umfragetief
DRESDEN - Mehr Arbeitslosengeld für Ältere? Noch vor einem Jahr war Sachsens SPD-Führung strikt dagegen, musste sich dann aber einem Parteitagsbeschluss beugen. Für Parteichef Thomas Jurk ist der Unfall von damals jetzt ein Glücksfall.
Thomas Jurk ist froh gestimmt, denn er hat sich festgelegt: „Der Vorschlag von SPD-Chef Kurt Beck ist richtig." Ältere Arbeitslose sollen wieder länger Arbeitslosengeld kriegen, 18 Monate für über 45-Jährige, 24 Monate für über 50-Jährige. Auf dem Bundesparteitag Ende Oktober, da ist sich Jurk sicher, werde dieser Antrag „eine überwältigende Mehrheit" bekommen. Noch vor einem Dreivierteljahr sah das allerdings anders aus. Auf dem Landesparteitag in Oschatz hatte die Sachsen-SPD das Thema schon einmal auf der Tagesordnung. Der Antragsteller hieß
Karl Nolle.
Die Parteiführung räumte dem Vorschlag damals keine Chance ein. Doch Nolle setzte sich durch. Die Delegierten beschlossen die Verlängerung. „Jetzt gibt es Chancen. Die Kassen sind gut gefüllt. Der Aufschwung muss bei allen ankommen", sagt Jurk heute. Er habe die Einschränkung beim Arbeitslosengeld schon immer für falsch gehalten. »Ältere haben es nun mal schwerer, wieder einen Job zu finden", behauptet Jurk, obwohl die aktuelle Statistik der sächsischen Arbeitsagentur das Gegenteil zeigt.
Für einige ist gerade das der Beweis, dass die Reform wirkt. Den Hinweis, dass es jüngere Arbeitslose mit Kindernvielleicht schwerer haben als ältere, deren Kinder längst erwachsen sind, lässt Jurk gelten, aber: „Wir müssen die Lebensleistung der Älteren anrechnen." Jetzt sei die Chance zur Korrektur da. Die gesamte Agenda 2010 aber stehe nicht zur Disposition. Aber über die Rente mit 67 will Jurk sprechen: „Dachdecker oder Bergleute könnten nun mal nicht so lange arbeiten." Die Kehrtwende in der Sachsen-SPD beförderte wohl auch das jüngste Umfrage-Tief. „Wir müssen uns so ausrichten, dass uns die Sachsen auch wählen", sagt Jurk. Und die werden bekanntlich immer älter.
Von Stefan Locke
