DNN/LVZ, 02.11.2007
NPD in der Klemme
Rechtsextreme büßen Konten, Hotels, Tagungsräume und Druckereien ein
Dresden/Leipzig. Die Internet-Präsentation der Druckerei im Litauischen ist ganz auf die westliche Kundschaft abgestellt. „Drucken Sie Ihre Zeitung bei uns!“, heißt es in deutscher Sprache, man biete „deutsche Qualität zum litauischen Preis“. Die, die sich selbst so loben, sitzen in Vilnius und werben mit guten Kontakten, nach Hamburg, Bayern oder Hessen – und nach Sachsen. Das hat einen einfachen Grund: Die Offset-Profis aus Vilnius drucken auch die Deutsche Stimme mit Sitz in Riesa, das offizielle Parteiorgan der rechtsextremen NPD.
Das hat der Neonazi-Partei heftige Kritik eingebracht, auch in der rechtsextremen Szene. Schließlich hatte die Truppe um Sachsens NPD-Fraktionschef Holger Apfel immer wieder mit der Parole „Grenze dicht für Lohndrücker“ zu punkten versucht. Doch jetzt scheint es vorerst vorbei zu sein mit dem braunen Billigdruck im Ausland. Nach Informationen dieser Zeitung hat die Druckerei in Vilnius den Vertrag mit der Deutschen Stimme zum Ende des Jahres beendet – ähnlich wie ein anderes Unternehmen im westpolnischen Zielona Gora (Grünberg) schon Mitte 2005. NPD-Fraktionssprecher Arne Schimmer bestätigte gestern entsprechende Schwierigkeiten, präsentierte aber eine andere Lesart. Demnach wolle die Druckerei ihre Maschinen auf ein kleineres Format umstellen, die Deutsche Stimme passe da nicht ins Konzept.
Der geplatzte Druckauftrag im Litauischen ist nicht das einzige Problem, das die Neonazi-Truppe derzeit hat. Ob abgesagte Parteitage, stornierte Hotel-Besuche oder gekündigte Konten – überall bricht den Neonazis die Infrastruktur weg. So hat zum Beispiel das Druckhaus „Lößnitz-Druck“ in Radebeul erst kürzlich die NPD-Landtagsfraktion von seiner Kundenliste gestrichen, ein Dresdner Hotelier hat Apfel und den NPD-Fraktionsvize Alexander Delle vor die Tür gesetzt und der geplante NPD-Bundesparteitag in Oldenburg musste abgeblasen werden – weil der Betreiber der Weser-Ems-Halle das Gebäude nicht zur Verfügung stellen wollte.
„Partei ohne Raum“ lästerte die Süddeutsche Zeitung dazu, und der sächsische NPD-Kader Jürgen Gansel beklagte eifrig eine „neue Stufe der Boykott-Hetze gegen die nationale Opposition“. Was die Neonazis aber eigentlich schmerzt, ist das Gerangel ums liebe Geld. So muss die NPD nicht nur auf einen sechsstelligen Betrag aus der Parteienfinanzierung verzichten, weil der Thüringer Landesverband 1997 bis 1999 falsche Angaben in Rechenschaftsberichten gemacht hat. Immer öfter gehen der braunen Truppe auch Bankkonten verloren. Grund: Geldinstitute kündigen, weil sie Angst vor Imageschäden haben.
Allerdings ist es in Zeiten des bargeldlosen Verkehrs nicht einfach, braune Konten zu identifizieren. Oft laufen Parteigelder auch über Privatkonten. Trotzdem. Der Deutsche Bankenverband bestätigt den Trend zur Kündigung entsprechender Verträge. „Das ist kein Ost-Phänomen. Wir beobachten es bundesweit“, sagt Verbandssprecher Thomas Schlüter. Bei der Deutschen Bank gilt der „ganz klare Grundsatz, dass wir keine Konten für verfassungsfeindliche Parteien oder Institutionen führen“, so Sprecherin Evelyn Koch. Sobald man davon erfahre, würden diese Konten gekündigt. So wurde laut Gansel nicht nur das Konto des Deutsche-Stimme- Verlags in Riesa aufgelöst, sondern auch Privatkonten von Mitgliedern und Mitarbeitern der sächsischen NPD-Landtagsfraktion. Nach Angaben von Sprecher Schimmer ist davon unter anderem Apfel betroffen. Auch die Postbank kündigte alle Konten mit rechtsextremen Parteien.
Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken sprach 2001 eine entsprechende Empfehlung an seine Mitgliedsbanken aus. In jüngster Zeit kommen immer mehr diesem Vorschlag nach. So kündigte die Volksbank Pirna ein Spendenkonto, das – Stichwort „Soligruppe“ – auf den Namen der Witwe des verunglückten NPD-Kaders Uwe Leichsenring lief. In Thüringen haben die Erfurter Bank und die VR-Bank Altenburger Land entsprechende Bankverbindungen aufgekündigt. Hier traf es Konten des NPD-Landesverbandes und von Kreisverbänden. Die Kündigung verläuft nicht immer reibungslos. „Die Banken kündigen die Konten mit einer angemessenen Frist. Das Recht hierzu ist in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen verankert“, erklärt Arndt Kalkbrenner aus der Rechtsabteilung des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken. Oft versuche die NPD, diese Beendigung des Vertragsverhältnisses mit Verweis auf ihr Parteienprivileg gerichtlich verbieten zu lassen.
Damit kommt sie aber meist nur bei den Sparkassen durch, die als öffentlich-rechtliche Einrichtungen einen Versorgungsauftrag haben. Der Bundesgerichtshof (BGH) erklärte 2003 im Streit der Sparkasse Leipzig und der NPD Sachsens die Kontokündigung für nichtig, weil die NPD als Partei nicht verboten sei. Trotzdem läuft derzeit ein Rechtsstreit zwischen der Ostseesparkasse und der NPD. Bisher unterlag das Geldinstitut. Die Sparkasse überlegt aber, bis vor den BGH zu ziehen. Damit zeigt sie immerhin, dass sie mit der NPD nichts zu tun haben will. Bis zur letzten Instanz.
Von JÜRGEN KOCHINKE und ANDREAS FRIEDRICH