Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 06.11.2007

Karl Nolle attackiert Regierungschef Milbradt

Der Sozialdemokrat Karl Nolle hält dem CDU-Chef Georg Milbradt doppelte Moral und Ränkespiele vor.
 
Wenn es um von ihm erspähte Missstände geht, ist dem SPD-Landtagsabgeordneten Karl Nolle selbst der Koalitionsfrieden zwischen Sachsens Regierungsparteien CDU und SPD nicht mehr heilig. Spielen dabei auch noch Unrecht und Lügen sowie seine eigene Person eine Rolle, dann geht Nolle gern noch einen Schritt weiter. Genau dieser Punkt ist nun erreicht.

Der Anlass ist einmal mehr der Dauerstreit um die angeschlagene Landesbank, die der Freistaat nur durch einen Notverkauf vor dem sofortigen Bankrott retten konnte. Für die Misere des öffentlich-rechtlichen Kreditinstitutes macht Nolle seit langem den früheren sächsischen Finanzminister und heutigen CDU-Landeschef und Ministerpräsidenten Georg Milbradt mitverantwortlich. Sehr zum Ärger der Christdemokraten.

Sachsens CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer warf Nolle kürzlich sogar vor, dass dieser mit dem „bewussten Verbreiten von Unwahrheiten“ das Ansehen der Demokratie und des Rechtsstaates beschädige. Im Klartext: Nolle würde in der Landesbankaffäre lügen.

Das war wiederum Nolle zu viel. Per Anwalt drohte er Kretschmer mit einer Strafanzeige sowie Schadenersatzforderungen. Und siehe da: Der CDU-General musste zum Rückzug blasen. Kretschmer unterzeichnete sofort eine Unterlassungsverpflichtungserklärung und hofft seitdem, die unangenehme Angelegenheit hätte sich erledigt. Doch das ist offenbar ein Irrtum. Nolle, der mehr denn je davon überzeugt ist, dass Kretschmer nur Abbitte geleistet hat, damit es nicht zu einem Prozess und zu unangenehmen Fragen rund um die Landesbank kommt, hakt nämlich nach. Nach SZ-Informationen wandte er sich inzwischen mit einem brisanten Brief direkt an die Spitzen von CDU und SPD.

Vorwurf: Biedenkopf getäuscht

In dem Schreiben konfrontiert Nolle nicht nur Kretschmer mit heiklen Vorhaltungen, sondern nimmt vor allem dessen politischen Vorgesetzten Georg Milbradt ins Visier. Er hält dem CDU-Chef unverblümt eine Doppelmoral vor, weil dieser bei politischen Auseinandersetzungen selbst gern einmal auf die Wahrheit und die christliche Nächstenliebe verzichten würde.

Fest macht das Nolle an länger zurückliegenden, aber bis heute delikaten Begebenheiten. So schildert er ausführlich, wie sich Milbradt 2001 im Machtkampf mit dem damaligen CDU-Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf nicht nur gezielt der Medien, sondern auch des politischen Gegners bedient haben soll. In abendlichen Kungelrunden hätten Milbradt und bis heute im Amt befindliche CDU-Funktionäre darüber beraten, wie man Biedenkopf am besten in den Ruhestand schickt.

Nolle nennt Daten und Adressen, und er verweist darauf, dass er selber von dieser Runde Tipps für parlamentarische Anfragen bekommen hat, die Biedenkopf in die Enge treiben sollten. „Ich wollte damit auf die Scheinheiligkeit der christdemokratischen Saubermänner hinweisen, die bis zu den Knöcheln im eigenen Moralsumpf in Sachen Biko-Abschuss rumstolzieren“, gibt er unumwunden zu.

Ein harter Vorwurf, der zunächst das Klima innerhalb der Koalition abkühlen dürfte. Er droht aber auch, alte Wunden in der Sachsen- CDU aufzureißen, die den einstigen Lagerwahlkampf zwischen Milbradt und Biedenkopf und den folgenden Machtverlust noch nicht verarbeitet hat. Vielleicht sitzt man dort die Sache deshalb auch einfach aus. Dass 2001 nicht alles mit rechten Dingen zuging, ahnen ohnehin die meisten CDU-Mitglieder.
Von Gunnar Saft

Karl Nolle im Webseitentest
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