www.juergen-roth.com, Blog, 07.11.2007
Der Blog ruht nicht gerade wegen Sachsen
Im Blog hatte sich in den vergangenen Wochen deshalb nichts getan, weil ich a. an einem neuen Buch arbeiten muss und b. eigentlich keine Lust mehr hatte, ständig gegen die sächsische CDU-Gummiwand zu stoßen. Mir drängte sich irgendwann einmal der Eindruck auf, eigentlich wäre zur objektiven Aufklärung kein Untersuchungsausschuss gefragt, sondern eine psychiatrische Behandlung willfähriger Polizei-und Justizangehöriger und vieler CDU-Politiker aus der Staatskanzlei.
Wer die Taschenbuchausgabe von „Ermitteln verboten“ gelesen hat, die gerade im Rowohlt-Verlag erschienen ist, wird bereits erste Zusammenhänge dieses unsäglichen Sachsensumpfes und einiger Protagonisten, wie den Ex-Innenminister, lesen können.
Derzeit arbeite ich jedoch an dem neuen Buch, in dem (nicht nur) das mafiose System in Sachsen ausführlich beschrieben werden wird. Deshalb bitte ich noch um Geduld. Das ist eben der Nachteil einer Buchveröffentlichung. Aber auch der Vorteil langfristiger Recherchen.
Ungeduldig, ja geradezu fassungslos bin ich was die Rolle des Focus-Journalisten Wendt angeht. Toll ist, wie ihm bisher streng geheime Unterlagen zugespielt wurden, die bestätigen, was er und die CDU schon immer behauptet haben – ohne damals viel gewusst zu haben - der Sachsensumpf ist eine einzige Luftblase. Es handelt sich um Vernehmungsprotokolle, zum Beispiel der Referatsleiterin OK im Verfassungsschutz. Wendt hütet sich natürlich, über die Umstände dieser Vernehmung zu sprechen, unter welchem massiven psychischen Druck die ehemalige Staatsanwältin damals gestanden hat, sie im wahrsten Sinn des Wortes fertiggemacht wurde. Und dass die Vernehmung des Kriminalbeamten aus Leipzig von diesem nicht unterschrieben wurde – was interessiert es den Herrn Wendt. Hauptsache ist ja, dass an allen bösen Verdächtigungen über den Sachsensumpf nichts dran ist.
Doch das sind Nebensächlichkeiten. Ein beispielloser politischer Skandal hingegen ist, dass die ihm zugespielten Dokumente nicht einmal dem Untersuchungsausschuss zur Verfügung gestanden haben, weil doch alles so streng geheim ist. Und so wurde das demokratisch legitimierte parlamentarische Kontrollgremium hinterlistig getäuscht, so wie es bereits in der Vergangenheit blockiert wurde. Und um das zu perfektionieren steckt Irgendjemand (Polizei oder Verfassungsschutz, Ministerium) dem in der CDU wahrscheinlich geliebten Journalisten Wendt die genehmen Unterlagen zu. Da braucht man nicht zu recherchieren. Sie zu drucken ist zweifellos sein gutes Recht. Aber hier stinkt es ziemlich nach politisch genehmer Auftragsarbeit. Und wer sich dafür hergibt na ja.
Dieser Alexander Wendt ist einer der wenigen Journalisten in Deutschland, nein, eigentlich kenne ich keinen anderen Vorgang, der bei der sächsischen Polizei auch gerne zu Protokoll gibt, wer bei einer Veranstaltung in Chemnitz was über den Sachsensumpf und bestimmte Personen gesagt hat.
Das befriedigte ihn wohl deshalb, weil er dort von den Anwesenden, aufgrund seiner bisherigen Arbeiten, heftig kritisiert wurde. Da war seine journalistische Ehre angegriffen. Und deshalb kannte er auch den Begriff Zeugnisverweigerungsrecht nicht mehr, insbesondere weil es gegen jenen ging, der sich kritisch mit den mafiosen Zuständen in Sachsen beschäftigte, ganz unabhängig davon ob jedes Wort auf die Goldwaage zu legen war. Und deshalb erzählte er ausführlich den neugierigen Polizeibeamten was er dort gehört hat.
Schmieriges Verhalten wäre noch ein harmloser Ausdruck für ein solches Verhalten. Aber vielleicht war die Belohung ja der Zugang zu den Vernehmungsprotokollen, die er jetzt im Focus stolz präsentieren konnte. Das ist sicher nur eine Vermutung. Keine Vermutung hingegen ist, dass er eine politische Trumpfkarte für die CDU in Sachsen ist. Vielleicht ist er jedoch, wie der Volksmund in seiner deftigen Ausdrucksweise formulieren würde, nur ein nützlicher Idiot.