Karl Nolle, MdL

Stuttgarter Zeitung, 09.11.2007

Sachsen Funding bittet um Zahlungsaufschub

LBBW will Risiko für Zweckgesellschaft begrenzen
 
STUTTGART. Die Krise an den Finanzmärkten schlägt weiter hohe Wellen. Die Zweckgesellschaft der SachsenLB hat Zahlungsschwierigkeiten eingeräumt. Die Landesbank Baden-Württemberg will offenbar nicht mehr unbegrenzt für die Risiken einstehen.

Die Sachsen Funding I, eine Zweckgesellschaft der Landesbank in Sachsen, hat Zahlungsschwierigkeiten eingeräumt und ihre Gläubiger um Aufschub gebeten. Andernfalls sei die Sachsen Funding gezwungen, Wertpapiere mit hohen Abschlägen zu verkaufen. Die Sachsen Funding wird von der SachsenLB Europe PLC gemanagt, die ihren Sitz in Irland hat und eine Tochter der SachsenLB ist. Die SachsenLB wiederum wurde Ende August von der Landesbank Baden-Württemberg in einer Blitzaktion übernommen.

Aus der Mitteilung der Sachsen Funding geht hervor, dass die LBBW vom Ausfall bedrohte Papiere hält. Die Landesbank in Stuttgart zeigt sich auf Anfrage zugeknöpft und will die Aussagen in dem Papier nicht bestätigen, das der Stuttgarter Zeitung vorliegt. Wie aus der Mitteilung weiter hervorgeht, ist die LBBW nicht mehr bereit, die Zwischenfinanzierung "ohne angemessene Risikobegrenzung für unbegrenzte Zeit" aufrechtzuerhalten, und sucht selbst nach Wegen, ihr Engagement zu reduzieren. Ein Sprecher der baden-württembergischen Landesbank wollte dazu keine Stellung nehmen.

Erst im September hatte die LBBW der Sachsen Funding eine Kreditlinie in unbekannter Höhe über 90 Tage zur Verfügung gestellt. "Die LBBW hat damit erreicht, dass die Sachsen Funding kurzfristige Verbindlichkeiten erfüllen kann und ihre Vermögensgegenstände nicht mit hohen Verlusten verkaufen muss", so erklärte damals ein LBBW-Sprecher. Nach einem Agenturbericht hatten die Gläubiger aber diesen Versuch einer Restrukturierung der Zweckgesellschaft abgelehnt. Der aktuellen Mitteilung zufolge hat die Landesbank Baden-Württemberg die SachsenLB Europe jetzt aufgefordert, nach Möglichkeiten der Restrukturierung mit anderen Marktteilnehmern zu suchen.

Hintergrund der Schieflage ist die US-Hypothekenkrise. Die Sachsen Funding ist ein sogenanntes Structured Investment Vehicle (SIV) und handelt mit Wertpapieren, die vornehmlich mit Hypothekenkrediten aus den USA besichert sind. Nach einem Vertrauensverlust in die Werthaltigkeit solcher Papiere kam die Sachsen Funding bereits im Sommer mit der Refinanzierung in Schwierigkeiten. Hohe Verluste aus diesem Geschäft hatten zu der Schieflage der SachsenLB und zu deren Übernahme durch die hiesige LBBW geführt. Damals war von einem Defizit von 17 Milliarden Euro die Rede. Einem Magazinbericht zufolge soll das Finanzloch aber weit größer sein als bisher vermutet. Mehr als 30 Milliarden Euro sollen in teilweise unverkäufliche Anlagen investiert worden sein. Eine Sprecherin der SachsenLB wollte dazu keine Stellung nehmen: "Solche Spekulationen kommentieren wir nicht", sagte sie.

Das Finanzministerium in Sachsen erklärte, das Land Sachsen hafte nicht für die Sachsen Funding, weil diese erst nach dem Wegfall der staatlichen Garantien 2005 gegründet worden sei. Zurzeit sind der Freistaat Sachsen (37 Prozent) und die Sachsen Finanzgruppe (63 Prozent), die vorrangig aus den Kommunen besteht, noch die Eigentümer der SachsenLB. Die LBBW hat diese in einer Notlage übernommen, hält die Bank aber vorerst treuhänderisch. Die Übernahme ist zum 1. Januar 2008 geplant. Bis dahin soll ein Bewertungsgutachten vorliegen. Die LBBW hatte sich wegen der schnellen Übernahme eine Ausstiegsklausel vorbehalten. Der Vorstandschef der Landesbank Baden-Württemberg, Siegfried Jaschinski, hatte kurz nach dem Notverkauf erklärt, er erwarte keine größeren Ausfallrisiken durch die übernommene SachsenLB. Allerdings habe die LBBW in den wenigen Tagen seit der Übernahme das Leipziger Geldhaus "nicht bis ins letzte Detail durchleuchten" können, sagte Jaschinski Ende August.
Von Sigrid Stoss

Karl Nolle im Webseitentest
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