Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 19.11.2007

DGB-Chef attackiert Milbradt

Streit um Bündnis für Arbeit / Lucassen: Staatskanzlei macht sich zum Gehilfen der Wirtschaft
 
Dresden. Lange Zeit ging es friedlich zu zwischen der schwarz-roten Koalitionsregierung und dem Deutschen Gewerkschaftsbund. Mit zwei SPD-Ministern, einem davon im Wirtschaftsressort, ließ es sich offenkundig kollegial zusammenarbeiten. Doch seit ein paar Tagen hängt der Haussegen gewaltig schief.

In einem scharfen Brief an Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU), der dieser Zeitung vorliegt, zeigt sich DGB-Chef Hanjo Lucassen „verärgert“ über die Vorgehensweise der Staatskanzlei. Der Regierungschef halte sich nicht an Absprachen, ein wesentliches Element sächsischen Regierungshandelns werde unter seiner Führung bewusst vernachlässigt. Nach einem Treffen mit der CDU-Führung im April habe er noch den Eindruck gehabt, „dass ein neues, positives Kapitel der Beziehungen aufgeschlagen wurde“, so Lucassen. Jetzt aber müsse er „daran zweifeln, ob es ein solches neues Kapitel tatsächlich gibt“.

Zwei Punkte sind es, die den Gewerkschaftsvorsitzenden auf die Palme gebracht haben: Zum einen stehe das sächsische Bündnis für Arbeit quasi vor dem Aus. Im Koalitionsvertrag sei der Pakt von Staatsregierung, Arbeitgebern und Gewerkschaften noch festgeschrieben worden. Mittlerweile stelle sich ihm aber die Frage, ob die Allianz „noch existent ist und von der Staatsregierung gefördert wird“, so Lucassen.

Fortgesetzt werden sollte das Bündnis ursprünglich in der „Stiftung für Innovation und Arbeit“, die jedoch wieder aufgelöst wurde. Eine Nachfolgeeinrichtung sei „dringend notwendig“, aber leider nicht in Sicht, beklagt Lucassen. „Alle haben damals genickt, doch jetzt dümpelt das Thema vor sich hin.“ Wenn das Anliegen zwischen verschiedenen Ministerien hin- und hergeschoben werde, müsse der Ministerpräsident „ein Machtwort sprechen“, verlangt der DGB-Chef. Er erwarte „konkrete und unverzügliche Schritte“.

Zum anderen empört den Gewerkschafter der Umgang mit der geplanten Kontakt- und Beratungsstelle für die Europäischen Strukturfonds. Die Einrichtung sollte die Wirtschafts- und Sozialpartner von der Diakonie über den Städte- und Gemeindetag bis zum Tourismusverband unterstützen. „Nunmehr müssen wir erfahren, dass auf Druck des Arbeitgeberverbandes VSW die Vorbereitungen für die Errichtung der Beratungsstelle von der Staatskanzlei gestoppt wurden“, schreibt Lucassen und legt nach: „Wir hoffen nicht, dass sich die Staatskanzlei zum einseitigen Erfüllungsgehilfen des Arbeitgeberverbandes macht.“ Die Regierung vernachlässige sträflich die Interessen von Arbeitnehmern und Wirtschaft.

Die Staatskanzlei wies die Kritik auf Anfrage jedoch zurück. Bei den Themen werde „nichts verschleppt“, so Regierungssprecher Peter Zimmermann. Die Staatskanzlei bemühe sich in verschiedenen Gesprächen darum, „zwischen den unterschiedlichen Beteiligten einen Konsens herzustellen“.
Von SVEN HEITKAMP

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