Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 01.12.2007

Milbradts Schicksalsmonat

Im Dezember wird über Zukunft der Landesbank entschieden – und über die des Regierungschefs
 
Dresden. Die Meldung aus dem Finanzressort in Dresden klang lapidar. Zwar seien die Finanzmärkte „insgesamt angespannt“, hieß es am Donnerstag aus dem Hause von Minister Stanislaw Tillich (CDU), daraus aber ließen sich keine negativen Rückschlüsse auf den Zustand der SachsenLB ziehen. Anlass für den ministeriellen Einsatz waren neue Horrormeldungen, wonach die marode Landesbank weitere Risiken enthalte. Sachsen müsse Sicherheiten übernehmen – in Höhe von 500 Millionen Euro.

Das Halb-Dementi aus dem Ressort sollte der aufgeheizten Stimmung entgegenwirken, wirklich beruhigen konnte es nicht. Denn seit dem Landesbank-Crash Ende August hat das große Zittern begonnen in Sachsen. Damals wurde das Geldinstitut in einer spektakulären Notaktion an die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) verkauft – vorerst. Ob der Deal aber wirklich über die Bühne geht, wird sich erst in den kommenden Wochen zeigen. Dann präsentieren die Stuttgarter Banker ihre Bewertung. Entsprechend groß ist die Anspannung. „Momentan halten alle die Lauft an und hoffen“, sagt ein prominenter CDU-Abgeordneter. Und auch die Staatskanzlei ist in Wallung. „Das ist ein großes Thema hier“, heißt es intern aus der Regierungszentrale.

Drei Krisenszenarien

Die Angst, die derzeit umgeht, hat einen einfachen Grund. Sollte der Deal mit der LWWB platzen, ist nicht nur der Landeshaushalt betroffen. Es geht vielmehr um die politische Zukunft von Georg Milbradt (CDU). Der Dezember wird zum Schicksalsmonat für den Regierungschef. Gleich mehrere Termine stehen an, der entscheidende ist Ende des Jahres – vielleicht auch Mitte Januar. Dann wird die Krisenbank bewertet. Dabei gibt es drei Szenarien. Erstens könnten die Stuttgarter Helfer trotz mieser Zahlen an ihrem Vorhaben festhalten und Sachsen die geplanten 300 Millionen Euro für die SachsenLB zahlen. Das wäre für Milbradt passabel. Zweitens aber könnten die Werte so miserabel sein, dass sich Stuttgart sang- und klanglos verabschiedet. Das wäre die herbste aller Varianten – und Milbradts Ende. Drittens könnte die Bewertung immerhin so schlecht ausfallen, dass Sachsen gezwungen ist, Risiken in vielstelliger Millionenhöhe zu übernehmen, damit die LWWB nicht abspringt.

Auf diese dritte, mittlere Variante könnte es hinauslaufen, für Milbradt aber wäre auch dies unkomfortabel. Denn im Sommer hatte er sich selbst unter Druck gesetzt, als er sagte, ohne den Notverkauf wäre er bereits zurückgetreten. Zudem hatte er sich beim Erlös festgelegt: 300 Millionen seien allemal drin, mindestens. In der CDU-Fraktion führt das zu Sorgenfalten. Milbradts Festlegung sei „gefährlich“, meint ein Unionschrist lapidar, ein anderer nennt es schlicht „verwegen“. Und nicht zufällig hat Oppositionsführer André Hahn (Linke) den Regierungschef an dessen Worte erinnert.

Dabei könnte Milbradt bereits kommende Woche Ungemach drohen. Am Mittwoch wird der „Sachsen Funding I“ bewertet, ein krisengeschüttelter Fonds über insgesamt 1,5 Milliarden Euro. Und Ex-Finanzminister Horst Metz (CDU) ist wegen des Bankendebakels schon zurück getreten, der nächste Einschlag trifft den Regierungschef.

Für weitere Unruhe sorgt der Zeitplan der sächsischen Politik. Im Sommer sind Kommunalwahlen, die CDU-Landräte können da keine Negativschlagzeilen gebrauchen. Dabei sitzen die mächtigen Regionalfürsten über die Sparkassen faktisch mit im sinkenden Sachsen-LB-Boot. Die Geldinstitute in den Kreisen, meint ein Insider, hätten „ebenfalls in Risikofonds investiert und haben erheblichen Erklärungsbedarf“.

Bitterer Hinweis
Der Finanzpolitiker der CDU-Fraktion, Ex-Minister Matthias Rößler, hat die Brisanz der Lage erkannt und sich eingeschaltet. Sein bitterer Hinweis an die Adresse der eigenen Regierung lautet: „Warum wird beim Thema SachsenLB nicht offen geklärt, wie viel das Bankabenteuer den Steuerzahler letztlich kosten kann?“ Mit dieser Frage steht er nicht allein. Auch der kleine Koalitionspartner SPD blickt seit Wochen gespannt auf die heiklen Wochen im Dezember. Politisch allerdings halten sich die Sozialdemokraten heraus. Ihr heimlicher Tenor lautet: Die Landesbank sei das Lieblingsprojekt von Milbradt – alles ein CDU-Problem.

Was bleibt, ist die Hoffnung von Milbradt, dass sich die Märkte weltweit bis zum Jahresende beruhigen und sich auch das Ergebnis für die SachsenLB verbessert. Ob es dazu kommt, ist fraglich. Die Leipziger Banker hätten „ein viel zu großes Rad gedreht“, sagt Rößler. „Wenn wir mit einer Null herausgehen, sind wir schon gut.“
Von JÜRGEN KOCHINKE

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