DNN/LVZ, 12.12.2007
Feilschen um die SachsenLB
Finanzminister Tillich weist neue Forderungen aus Stuttgart zurück
Dresden. Ernste Miene, schmale Lippen, etwas blass um die Nase. Sachsens Finanzminister Stanislaw Tillich (CDU) sah schon besser aus als in diesen Tagen. Der Milliardenpoker um die Landesbank, der auch zur Schicksalsfrage für Regierungschef Georg Milbradt (CDU) geworden ist, hinterlässt Spuren.
In einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz gab Tillich gestern zunächst Journalisten Auskunft über die Verhandlungen zum Notverkauf der SachsenLB an die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Danach folgte Krisensitzung auf Krisensitzung. In einer gemeinsamen Fraktionsrunde wurden CDU und SPD informiert, am Abend unterrichtete Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) die Fraktionschefs der Opposition. Heute will Tillich dem gesamten Parlament berichten.
Die neue Offenheit nach Wochen des Schweigens hat ihren Grund. Mit immer neuen Forderungen und Spekulationen hatten die Stuttgarter Bank-Strategen die Verhandlungen zuletzt auf die Spitze getrieben. Erst am Montag war über eine Bürgschaft von 4,3 Milliarden Euro spekuliert worden. Nun wolle er verhindern, dass „die Deutungshoheit auf der anderen Seite liegt“, sagte Tillich. Seine Botschaft dabei war klar: Baden-Württemberg habe plötzlich zusätzliche Forderungen gestellt. Doch dass Sachsen nun alle Risiken der faulen Dubliner Kredite allein abdecken soll, sei nicht zu machen. „Diese Aufgabe können wir nicht allein schultern. Das ist absolut unmöglich.“
Eine Tochtergesellschaft der SachsenLB in Dublin hatte sich auf dem krisengeschüttelten US-Immobilienmarkt verspekuliert und die Landesbank in finanzielle Not manövriert. Die Summe der außerbilanziellen Fonds beläuft sich immerhin auf rund 43 Milliarden Euro – fast das Dreifache des Landesetats. Und die verheerende Marktlage hat sich bisher keineswegs verbessert. Tillich geht dennoch davon aus, „dass die Papiere gut sind“. Er hofft, dass sich die Finanzlage wieder bessert, bis sie fällig werden.
So drängt der Minister die Stuttgarter jetzt, die Grundlagenvereinbarung zum Bankverkauf von Ende August auch einzuhalten. „Die LBBW hat sich entschieden, den Sachsen zu helfen. Jetzt ist man davon etwas abgerückt“, bemängelt Tillich. Baden-Württemberg stehe aber in der Mitverantwortung, zumal die LBBW formal schon Eigentümer der SachsenLB geworden sei. Beide Seiten müssten ihren Beitrag zur Abschirmung der Risiken leisten. Es sei nicht zu erkennen, dass die LBBW dazu nicht in der Lage wäre. Genaue Zahlen nannte Tillich allerdings nicht.
Trotz der Krise in den Verhandlungen rechnen die Sachsen mit einer Einigung bis Sonntag. Darauf habe der Präsident der Bankenaufsicht Bafin, Jochen Sanio, gedrängt. „Es besteht ein Einigungszwang.“ Regierungschef Milbradt und sein Stuttgarter Amtskollege Günther Oettinger (CDU) dürften dann mit von der Partie sein. Sollte es zu keiner Lösung kommen und der Verkauf platzen, würde dies gewaltige Auswirkungen auf die Bankenlandschaft in Deutschland haben, warnte Tillich. Eventuell müsse die Stützungseinrichtung der deutschen Sparkassen-Organisation hinzugezogen werden.
Die Opposition will die Geschäfte angesichts der drohenden Milliarden-Lasten nicht mehr allein dem Finanzminister überlassen. Die Fraktionschefs verlangen vehement eine Befassung des Landtages – etwa mit einer Sondersitzung oder einem Nachtragshaushalt, wie Linke und Grüne fordern. „Wir brauchen mehr Transparenz“, verlangte selbst SPD-Fraktionschef Martin Dulig. Sachsens Chefbankern ist die gute Laune jedenfalls vergangen. Eine Weihnachtsfeier der Landesbank und der Sparkassen in Leipzig wurde gestern kurzfristig abgesagt.
Von SVEN HEITKAMP