Inforadio RBB Rundfunk-Berlin-Brandenburg, 6:47 Uhr, 13.12.2007
SachsenLB vor dem Aus: Wer trägt die politischen Konsequenzen?
Die Einschätzung von Karl Nolle, Finanzexperte und Landtagsabgeordneter der sächsischen SPD. befragt von Dietmar Ringel
Was wird aus den milliardenschweren Verlusten, die die sächsische Landesbank im Zuge der US-Hypothekenkrise gemacht hat? Und was wird aus Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt, der die riskanten Geschäfte mit zu verantworten hat?
Spannende Fragen, die nicht nur die Sachsen bewegen, sondern die auch bundesweit für Schlagzeilen sorgen. Denn es sieht so aus, als ob es für Milbradt sehr brenzlig werden könnte.
Die Einschätzung von Karl Nolle, Finanzexperte und Landtagsabgeordneter der sächsischen SPD. befragt von Dietmar Ringel
Die Sachsen LB soll ja von der Baden-Württemberger Landesbank übernommen werden, aber die will, dass das Land Sachsen wegen der Verlustgeschäfte eine Bürgschaft von mehr als 4 Milliarden Euro zahlt und auch noch eine halbe Milliarde frisches Geld nachschießt, zumindest wird das so in den Zeitungen gemeldet, das wäre, so heißt es, rund ein viertel des gesamten Landeshaushaltes im Freistaat. Muss und wird Sachsen zahlen?
Nolle: Ja, da bleibt Sachsen wahrscheinlich gar nichts weiter übrig als die Risiken, die sie selber fabriziert haben, mindestens teilweise, in der Form wie sie es können auch abzufangen.
Das heißt, da wird am Ende der Steuerzahler büßen müssen?
Nolle: Ja, für die Zocker- und Pokerspiele in Dublin auf dem internationalen Finanzmarkt mit Hypothekenbriefen ist sehr sehr viel Geld eingesetzt worden und es stellt sich nun raus und das war vorher schon absehbar, dass wir Milliardenverluste aus diesen Geschäften haben und deshalb muss der Steuerzahler – wie immer – für dieses Projekt büßen.
Herr Nolle, nun haben ja auch andere Banken in Deutschland Probleme bekommen. Wegen der US-Hypothekenkrise sind diese ins trudeln gekommen, brauchten Unterstützung. Warum wird gerade in Sachsen eine Regierungskrise daraus?
Nolle: Nun, dass andere Banken auch diese Geschäfte gemacht haben, entschuldigt die Sachsen nicht. Es gibt ja viele Banken, die es nicht gemacht haben und die Warnungen, die hier seit Jahren zu diesen undurchsichtigen Geldgeschäften in Dublin gemacht worden sind, sind in den Wind geschlagen worden und nun müssen die Sachsen, d.h. die Verantwortlichen in Sachsen sehen, wie sie aus diesem Dilemma, diesem Desaster sächsischer Finanzpolitik herauskommen.
Nolle: Sie sagen, Warnungen sind in den Wind geschlagen worden. Auch Georg Milbradt sagt, Verantwortung haben hier verschiedene Leute aus den politischen Richtungen. Denn die Aufsichtsgremien der Landesbanken sind ja nicht nur von der CDU besetzt. Geht da vielleicht auch ein bisschen Verantwortung an Ihre eigene Partei, die SPD?
Nolle: Nein das geht völlig an der Sache vorbei, man kann ja die Protokolle nachlesen. Es ist dokumentiert, was wir dort für Fragen gestellt haben. Es ist schon unglaublich, wenn ein solcher Vorwurf erhoben wird, denn dieses Bankkonzept der Landesbank ist ein Kind des jetzigen Ministerpräsidenten. Er ist Architekt dieser Strategie, nicht mehr konservative Finanzgeschäfte mit der Landesbank zu machen sondern auf dem Weltmarkt zu pokern. Er hat diejenigen, die dort, mit krimineller Energie – wie ich meine – Steuergelder eingesetzt haben, gedeckt. Er ist jahrelang nicht bereit gewesen Konsequenzen zu ziehen. Letztlich hat der Finanzminister die Rechtsaufsicht über diese Bank und damit auch natürlich der Ministerpräsident der letztlich ja auch verantwortlich ist für den Ressort-Minister und da muss er sich nach der Verantwortung fragen lassen.
In der Süddeutschen Zeitung heißt es, Milbradt soll gestern Parteifreunden gesagt haben, er sei nicht bereit persönliche Konsequenzen zu ziehen, sprich zurückzutreten und er habe gedroht, so heißt es, wenn die CDU nicht zusammenhalte, dann könnte es Neuwahlen geben. Wäre denn die sächsische SPD, die ja mit regiert, dazu bereit?
Nolle: Ich weiß gar nicht aus welchem Grund der jetzige sächsische Ministerpräsident annimmt, dass es Neuwahlen geben soll. Eine Koalition ist eine Vereinbarung zwischen Parteien und nicht zwischen Personen. Und wenn ein Ministerpräsident für eine gemeinsame Koalition nicht mehr funktioniert, dann muss man sich einen neuen suchen.
Gut, aber dazu müsste er ja abgewählt werden. Oder wie stellen Sie sich das vor? Wie sollte es Ihrer Ansicht nach weitergehen?
Nolle: Das ist nicht Aufgabe der SPD, des kleinen Koalitionspartners. Im Moment haben wir viel größere Sorgen, nämlich die Sorgen, dass wir einen vernünftigen Abschluss hinbekommen, dass wir den Schaden minimieren in den Auseinandersetzungen mit Baden-Württemberg. Und wenn wir dies dann in trockenen Tüchern haben, dann werden wir die politischen Konsequenzen diskutieren müssen. Aber es ist nicht die Aufgabe der SPD, die Person des Ministerpräsidenten festzulegen sondern das tut die CDU, die wird es tun müssen und die wird es tun.
Gut, aber die SPD kann sich ja überlegen, ob sie mit einem politischen Partner, wie der CDU weiterregieren will. Ob sie der Meinung ist, das man damit die anstehenden Probleme lösen kann.
Nolle: Wir haben uns ganz klar für die Koalition ausgesprochen. Wir bleiben bei der Koalition. Die Koalition hat erfolgreiche Arbeit gemacht. Und diese Entwicklung, die jetzt die Sachsen-Bank betrifft ist eine Entwicklung, die im Wesentlichen der Ex-Finanzminister der CDU und der Ministerpräsident zu verantworten hat.