LVZ Leipziger Volkszeitung, Lokales, 28.01.2008
„Die Demokratie in Leipzig hat gesiegt“
Frage: Im Rathaus wurden Sie lange Zeit belächelt – jetzt haben Sie und Ihre Mitstreiter allen Grund zum Lachen. Wo sehen Sie die Ursachen für Ihren Erfolg?
Mike Nagler: Nicht wir haben bei diesem Bürgerentscheid gesiegt, sondern die Demokratie in Leipzig. Dieses Votum zeigt, dass den Leipzigern wichtig ist, was mit und in ihrer Stadt geschieht. Und dass den Menschen bei der kommunalen Daseinsvorsorge die Gemeinwohlorientierung wichtiger ist als privater Gewinn.
Fühlen Sie sich von der Stadtverwaltung fair behandelt?
Der Oberbürgermeister hat die Mittel der Stadt umfangreich genutzt, um seine Position darzustellen. Aber die Pro- und Contra-Argumentation wurde nicht ausgewogen dargestellt. Der Geschäftsführer der stadteigenen LVV-Holding hat sogar mit kommunalen Geldern in den Wahlkampf eingegriffen. Er hat damit Anzeigen geschaltet und sogar Flyer an die Haushalte verteilen lassen, die für den Verkauf der Stadtwerke warben.
Sie meinen, die Stadt hat eine Desinformationskampagne gestartet?
Sie hat einseitig informiert. Und was der LVV-Chef gemacht hat, ist eigentlich gar nicht zulässig: Es darf nicht mit Geldern der Kommune seine persönlichen Interessen bewerben und seine Politik machen.
Wie geht es jetzt weiter?
Das Signal der Leipziger ist eindeutig und kein Einzelfall in Deutschland. Die Bürger sehen in der Privatisierung der städtischen Firmen keine nachhaltige Lösung für die Unterfinanzierung der Kommunen. Sie wollen stattdessen eine vernünftige finanzielle Ausstattung der Städte. Eine Ausstattung, die sie in die Lage versetzt, ihre Aufgaben zu lösen. Der Oberbürgermeister und die Lokalpolitik sind jetzt aufgefordert, mit den Bürgern gemeinsam Alternativen zum Ausverkauf der Stadt zu suchen. Wir bieten dafür unsere Mitarbeit an.
Interview: Andreas Tappert