DNN/LVZ, Seite 1, 31.01.2008
Aktenaffäre: Forderung nach Bartl-Rücktritt
Ausschuss-Chef räumt Fehler ein / CDU sieht Neutralitätspflicht verletzt
D r e s d e n (J. K.). Neue Wende in der Geheimakten-Affäre des sächsischen Verfassungsschutzes: Erstmals hat der Chef des Untersuchungsausschusses im Landtag, Klaus Bartl (Linke), Fehler eingeräumt. „Ich gebe zu, dass ich distanzierter an die Bewertung der Verfassungsschutz-Erkenntnisse hätte gehen sollen“, sagte er in einem Interview. CDU-Fraktionsvize Rita Henke forderte den Linken indirekt zum Rücktritt auf.
Bisher hatte Bartl stets die Version vertreten, dass Sachsens Polizei, Justiz und Politik von einem kriminellen Netzwerk unterwandert seien. Nun sagte er, er schließe nicht mehr aus, dass sich die Korruptionsaffäre am Ende auf eine Aktenaffäre der Verfassungsschützer reduzieren könnte. „Dann wäre ich der Letzte, der sich scheut zu sagen: Wir haben uns geirrt.“ In einer weiteren Erklärung schob er nach, dass die Beurteilung aber erst möglich sei, wenn dem Untersuchungsausschuss sämtliche Akten vorliegen.
Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) reagierte mit Genugtuung auf die neue Lesart des Linken. „Ich finde es gut, dass Klaus Bartl die Parteibrille absetzt und wieder einen klaren Blick auf die Dinge hat.“ CDU-Fraktionsvize Henke sagte, Bartl habe mit „ungeprüften Behauptungen viel Schaden angerichtet“ und als Chef im U-Ausschuss seine Neutralitätspflichten missachtet. Trotz seiner aktuellen Wende sollte er „über einen Rückzug nachdenken“, so Henke.
Die Affäre um die mögliche Verstrickung von Politikern, Polizisten und Justizbeamten in die Organisierte Kriminalität war durch eine Aktensammlung des Verfassungsschutzes ins Rollen gekommen. Von der Regierung beauftragte Prüfer hatten jedoch keine handfesten Anhaltspunkte für den sogenannten Sachsen-Sumpf gefunden.
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