Stuttgarter Zeitung, 13.02.2008
LBBW-Eigentümer offen für eine Fusion mit der BayernLB - EU prüft Kauf der SachsenLB noch
Neue Chance für das Projekt Südschiene?
Beim Verkauf der SachsenLB an die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) kommt es zu Verzögerungen. Die EU-Kommission hat ihr Plazet noch nicht gegeben. Eigentlich sollte bis zu diesem Freitag alles endgültig abgeschlossen sein.
Die Übernahme der Sächsischen Landesbank durch die LBBW steht weiter unter dem Vorbehalt, dass die Brüsseler Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes keine Einwände hat. Das Prüfungsverfahren, das die EU-Kommission im Januar eingeleitet hat, laufe noch, sagte eine Sprecherin der EU-Behörde auf Anfrage. Man analysiere den Fall noch, die Dauer solcher Genehmigungsverfahren sei grundsätzlich offen. Einzelheiten nannte die Sprecherin nicht. Brüssel untersucht, ob die Landesbürgschaft des Freistaates Sachsen von 2,75 Milliarden Euro als unerlaubte staatliche Beihilfe zu werten ist.
Bei der Landesbank hatte man damit gerechnet, dass das Verfahren bis zum 15. Februar dieses Jahres abgeschlossen ist. Die LBBW hat sich so lange vorbehalten, die Übernahme wieder rückgängig machen zu können. Diese Option gilt auch über den 15. Februar hinaus. Die Verzögerung durch die EU-Kommission wird in Stuttgarter Finanzkreisen nicht als Alarmsignal gewertet. "Wir gehen davon aus, dass die Kommission unsere Haltung teilt", sagte ein LBBW-Sprecher auf Anfrage. Es sei lediglich der Termin für die abschließende Klärung des Falls verschoben worden. Er erwarte, dass es bald Gespräche gebe, ergänzte der Banksprecher. In zähen Verhandlungen ist für die SachsenLB Mitte Dezember letzten Jahres eine Auffanglösung gezimmert worden. Dabei soll der Großteil des problematischen Wertpapierengagements von mehreren SachsenLB-Fonds in eine außerbilanzielle Zweckgesellschaft überführt werden. Deren Volumen umfasst 17,5 Milliarden Euro. Für mögliche Verluste bürgt der Freistaat mit 2,75 Milliarden Euro.
Die Landesregierung in Dresden richtet sich bereits darauf ein, dass der Garantiefall eintreten wird. "Dass davon (gemeint sind die 2,75 Milliarden) nichts gezogen wird, halte ich für ausgeschlossen", sagte der Chef der Staatskanzlei, Michael Sagurna (CDU), kürzlich der "Leipziger Volkszeitung". Der Freistaat habe bereits rund 800 Millionen Euro zurückgestellt.
In der ersten Hälfte des laufenden Jahres soll die Leipziger Landesbank in den LBBW-Konzern integriert werden. Im Sommer, so sagte Ministerpräsident Günther Oettinger gestern, sei die Bank dann "in einer stabilen Position" und die Eigentümer "gesprächsbereit gegenüber jedermann in der öffentlich-rechtlichen Bankenlandschaft".
Nach Informationen der Stuttgarter Zeitung richtet sich der Blick der Eigentümer vor allem nach München. Obwohl das Projekt Südschiene - eine Fusion von LBBW und BayernLB - im vergangenen November durch das Veto der Münchner Staatsregierung beerdigt worden ist, halten Branchenkenner eine Wiederaufnahme der Gespräche für sehr gut möglich. Vor der Landtagswahl in Bayern, die am 28. September stattfindet, dürften die Eigentümer der BayernLB - dies sind zu gleichen Teilen der Freistaat und die bayerischen Sparkassen - keine grundsätzlichen Kurskorrekturen vornehmen. "2008 werden wir das Wort Fusion nicht in den Mund nehmen", heißt es beim Sparkassenverband. Die Parole von Finanzminister Erwin Huber (CSU), dass die BayernLB eigenständig bleibe, sei aber nicht in Stein gemeißelt, ist auch in München zu hören. Schon nach den Wahlen könnte auch die Politik wieder gesprächsbereit sein. Die Südschiene werde dann sicherlich anderen Fusionsvarianten vorgezogen. Gleichwohl: Einfach übernehmen lassen wird sich die BayernLB mit Sicherheit nicht.
Viel wird davon abhängen, wie LBBW und BayernLB die Turbulenzen auf den Kapitalmärkten überstehen. Die Münchner wollen ihre Bilanz Ende April vorlegen, gestern wurde über einen Abschreibungsbedarf in Milliardenhöhe spekuliert. Huber sagte dazu lediglich, "es wird ein Abschreibungsbedarf spürbar werden". Die Staatsregierung will die Bank aus den Schlagzeilen halten, um vor den Kommunalwahlen Anfang März keine Diskussion auszulösen. In politischen Kreisen wird gemunkelt, dass die Bayern mehr Blessuren wegen der Finanzmarktkrise verschmerzen müssen als die LBBW.
"Wir stehen zu Gesprächen bereit", sagte Peter Schneider, der Präsident der südwestdeutschen Sparkassen, der Stuttgarter Zeitung. Das Verhältnis zum bayerischen Sparkassenverband sei sehr gut. Schneider legt aber Wert auf die Feststellung, dass man keine konkreten Gespräche führe. Mit einer schwäbisch-bayerischen Allianz entstünde ein Geschäftsgebiet, dass vom Saarland über Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern bis nach Sachsen reicht. Aus Sicht des deutschen Sparkassenverbandes wäre die Südschiene aber eine problematische Konstellation, weil zwei starke Häuser als Fusionspartner für wackelige Landesbanken - allen voran die WestLB - wegfielen. Die Angst im Sparkassenlager, dass die WestLB zum Stolperstein für die Gruppe wird, ist groß.
Knackpunkte bei einem Zusammengehen von LBBW und BayernLB wären Bewertungsfragen, die Frage nach dem Hauptsitz, und die Frage, wer die Bank führt. Der Vertrag von BayernLB-Chef Werner Schmidt ist im Herbst vorzeitig verlängert worden. Schmidt, der im Juli 65 wird, soll die Bank bis zum Jahr 2011 führen. Sollte es bis dahin eine SüdLB geben, hieße ihr Chef mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht Werner Schmidt.
Von Andrea Gregor und Thomas Magenheim-Hörmann, München