DNN/LVZ, 16.02.2008
Der Einflüsterer
Mit Pragmatismus will neuer Staatssekretär Mangold Sachsens SPD profilieren
Dresden. Es war ein Lob von außergewöhnlicher Seite. „Ich bedanke mich besonders bei den Staatssekretären Herrn Voß und Herrn Mangold“, sagte Georg Milbradt (CDU) Mitte Dezember 2007 im sächsischen Landtag. Beide seien „gut vorbereitet“ und hätten die Verhandlungen mit den Stuttgartern „außerordentlich unterstützt“. Es ging um den Notverkauf der Landesbank, und mancher in den SPD-Reihen rieb sich verwundert die Augen – weniger wegen Wolfgang Voß, dem Finanzstaatssekretär und langjährigen Milbradt-Vertrauten, sondern wegen Hartmut Mangold. Denn der so Geehrte ist erst wenige Monate in Sachsen – und von der SPD.
Dabei war das öffentliche Loblied des Ministerpräsidenten auf den Amtschef im Hause von Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) kein Ausrutscher. Es wirft vielmehr ein Schlaglicht auf den Stand, den sich Mangold in eigenen Reihen, aber auch beim Koalitionspartner CDU erworben hat. Nach noch nicht einmal einem halben Jahr im Amt steht der 51-jährige Jurist für einen neuen Stil: Regieren ohne Krawall, aber mit viel Pragmatismus und Geschick.
Das hat sich nicht nur beim Notverkauf der SachsenLB gezeigt, es lässt sich auch an anderen potenziellen Streitthemen in der Koalition ablesen – beim Versammlungsrecht zum Beispiel. Hier macht Mangold keinen Hehl daraus, dass er den von Justizminister Geert Mackenroth (CDU) auf den Weg gebrachten Gesetzentwurf für überflüssig hält. Eine Demokratie, so das Argument, komme mit Verboten nicht weit, sondern müsse selbst Neonazi-Demos aushalten. Dass er dem Gesetz am Ende doch zugestimmt hat, hat zwei Gründe: Zum einen hat Mangold den Mackenroth-Entwurf an entscheidender Stelle abgeschwächt; zum anderen hat er, ganz taktisch, sein Ja an weitere Zugeständnisse geknüpft.
Dabei ist der Nordhesse mit seinem moderierenden Pragmatismus nicht allein, auch in der Union gibt es Entsprechendes. Hier hat diese Rolle der ebenfalls neue Staatskanzleiminister Michael Sagurna (CDU) übernommen. Vehement tritt der ehemalige Sprecher von Milbradt-Widersacher Kurt Biedenkopf (CDU) für eine positive Vermarktung der Regierung ein, und auch hier gilt die doppelte Devise: Zwist in eigenen Reihen schadet der CDU, Streit im Bündnis schadet beiden, Union wie SPD. Und so ist es kein Zufall, dass in Regierungskreisen kolportiert wird, zwischen dem Sozialdemokraten und dem Staatskanzlei-Minister stimme „die Chemie“ – Mangold als Sagurna der Sachsen-SPD.
Mangold hat in Freiburg sowie Regensburg Jura studiert und war Dozent für Rechtsphilosophie in Edinburgh. Es folgten Jobs als Staatsanwalt in Berlin und ab 1990 als Mitarbeiter in verschiedenen Landesministerien, erst in Nordrhein-Westfalen, später dann in Brandenburg. Im Bundeskanzleramt schließlich arbeitete Mangold als Referatsleiter für Grundsatzfragen für die neuen Länder und ab 2003 im Bundesverkehrsministerium.
In Sachsen nun führt er nicht nur die Amtsgeschäfte für seinen Chef Jurk, sondern koordiniert die gesamte Regierungsarbeit auf SPD-Seite. Diese Aufgabe hat er von seinem Vorgänger Christoph Habermann übernommen, nicht aber dessen Image. Denn vielen in der CDU galt Habermann als SPD-Hardliner und rotes Tuch, kompetent zwar, aber wenig kompromissbereit. Das machte die Zusammenarbeit schwierig. Mangold dagegen agiert moderat im Ton, lediglich an entscheidenden Punkten beharrt er auf SPD-Positionen. Entsprechend lautet einer seiner Lieblingssätze: „In einer Partnerschaft müssen beide Seiten zu ihrem Recht kommen.“ Oder, anders herum: „Wer den anderen immer nur vorführen will, riskiert den Bruch.“
In der Vergangenheit traf genau das schon mal auf SPD-Anheizer
Karl Nolle zu, aber auch aus CDU-Reihen gab es immer wieder böse Töne. Unvergessen ist jener Satz von Ministerpräsident Milbradt aus den frühen Tagen der Koalition, wonach das Bündnis für ihn kein Problem darstelle – weil dort eh nur CDU-Politik betrieben werde. Worte wie diese haben sich tief im kollektiven Gedächtnis der Sozialdemokraten festgesetzt und führen mittlerweile dazu, dass es nicht wenige Stimmen an der SPD-Basis gibt, die entweder die Zusammenarbeit mit Milbradt beenden wollen – oder die mit der CDU insgesamt.
Das sieht Mangold anders. Für ihn ist Politik die Suche nach dem Kompromiss. „Mangold steht für ein Geben und Nehmen in der Koalition, ohne das eigene Profil zu verlieren“, meint Stefan Brangs, der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion. Dabei könnten Sachsens Sozialdemokraten nur gewinnen.
Von JÜRGEN KOCHINKE