Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 20.02.2008

De Maizière im Zeugenstand

Spannung vor Auftritt: Morgen sagt Kanzleramtsminister vor U-Ausschuss zur Landesbank aus
 
Dresden. Die Meldung klang lapidar. An diesem Donnerstag, ließ die Landtagsverwaltung vor Tagen wissen, treffe sich der U-Ausschuss zur SachsenLB zu seiner 37. Sitzung. Der Tagesordnungspunkt laute: „Vernehmung von Dr. Thomas de Maizière, seit 2005 Chef des Bundeskanzleramts.“ Das hatte der Ausschuss zwar schon vorher beschlossen, nun aber ist es offiziell. Und schon jetzt lässt sich das Szenario erahnen: Nach dem Landesbank-Debakel samt Notverkauf, nach nächtlichen Rettungsaktionen und beißenden Polit-Debatten zum Thema dürfte morgen im Raum A 600 kein Stuhl mehr frei sein. Alles blickt dann gespannt auf den Auftritt des CDU-Bundesministers, und immer steht die Frage nach der politischen Verantwortung im Raum: Wer hat wann was über die Hochrisiko-Geschäfte in Dublin gewusst?

Hier ist De Maizière ein interessanter Zeuge. Schließlich war er es, der nach dem Rausschmiss des damaligen Finanzministers Georg Milbradt durch Kurt Biedenkopf (beide CDU) im Frühjahr 2001 für ein gutes Jahr Milbradts Nachfolger im Finanzressort war – und so automatisch Verwaltungsratschef der SachsenLB. Doch nicht nur das: In dieser Zeit bastelten die Landesbanker weiter am Engagement in Dublin, und de Maizière als oberster Aufseher hat dies zumindest nicht verhindert. Im Zentrum dabei stand ein radikaler Strategiewechsel: Wegen unrentabler Kreditgeschäfte sollte das kleine Geldinstitut neu ausrichtet werden – weg von einer Regionalbank, hin zu den internationalen Finanzmärkten.

Die Folgen sind bekannt. Da die SachsenLB für die angepeilten Deals in Milliarden-Höhe viel zu wenig Eigenkapital besaß, wurden Briefkastenfirmen gegründet, so genannte Zweckgesellschaften. Die hießen dann Georges Quay (ab 2002) oder Ormond Quay (ab 2004) und drehten in Irland das ganz große Rad an der Bilanz der Landesbank vorbei. Vor allem Ormond Quay wurde massiv ausgebaut, auf über 17 Milliarden Euro – mehr als der gesamte Jahreshaushalt des Freistaates. Am Ende platzte dann die Blase, die Banker hatten sich verzockt.

De Maizière selbst hat bereits im Vorfeld betont, in seiner Zeit als sächsischer Finanzminister habe es keine außerbilanziellen Geschäfte der Landesbank im irischen Dublin gegeben. Und in der Tat scheint zweierlei klar: Zum einen fiel der unglaubliche Ausbau der Zweckgesellschaften in die Amtszeit von De-Maizière-Nachfolger Horst Metz (CDU); zum anderen wurde die Landesbank-Tochter in Irland bereits vor seiner Zeit gegründet – 1999 unter De-Maizière-Vorgänger Milbradt.

Entsprechend moderat fallen die Statements der Politik mit Blick auf den U-Ausschuss aus. „Der Schwerpunkt der Sitzung liegt auf der Neuausrichtung der Bank“, sagt CDU-Obmann Günther Schneider, „hier soll Thomas de Maizière seine Sicht der Dinge darlegen.“ Und Antje Hermenau, die Finanzexpertin der Grünen, meint: „Die Aufnahme der riskanten Fonds, die zum Aus der Bank geführt haben, ist erst nach der Amtszeit von de Maizière erfolgt. Ich erwarte, dass er über die Änderung der Weichenstellung Auskunft geben kann.“ SPD-Obmann Karl Nolle stellt dagegen etwas anderes ins Zentrum. „De Maizière hat fortgesetzt, was unter Milbradt begonnen wurde. Er hat das Problem nur geerbt.“

Das verweist auf den Charakter der Veranstaltung morgen. Der De-Maizière-Auftritt ist lediglich eine Art Vorspiel von dem, was Ende März kommt. Dann soll Regierungschef Milbradt persönlich vor dem Kontrollgremium aussagen. Und auch dann dürften in der A 600 im Landtag wieder alle Plätze belegt sein.
Von JÜRGEN KOCHINKE

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