Karl Nolle, MdL

Agenturen, dpa/sn, 17:54 Uhr, 06.03.2008

Dresdner Elbe-Brücken-Streit - Kulturrat fordert Einlenken Sachsens

 
Berlin/Dresden (dpa) - Nach den eindeutigen Signalen aus Paris gegen die Waldschlößchenbrücke im UNESCO-Welterbe Dresdner Elbtal ist der Streit um das 160 Millionen Euro-Bauprojekt wieder aufgeflammt. Der Deutsche Kulturrat mahnte am Donnerstag in einer Mitteilung eine «Umkehr in Sachsen» an. Der Freistaat glaubt nach Angaben von Regierungssprecher Peter Zimmermann weiter an den Titelerhalt trotz Brücke, die Stadtverwaltung sieht derzeit laut einer Mitteilung rechtlich keinen Spielraum dafür. Die Grünen forderten den Baustopp.

Das Dresdner Elbtal steht wegen des Brückenbaus seit 2006 auf der Roten Liste gefährdeter UNESCO-Welterbe-Stätten. Die Bauarbeiten hatten Mitte November 2007 begonnen. Das UNESCO-Welterbekomitee will auf seiner nächsten Sitzung (2. bis 10. Juli) in Québec (Kanada) über eine Aberkennung des Titels entscheiden. Wie Dresdner Politiker am Mittwoch nach einem Gespräch mit dem Direktor des Welterbezentrums in Paris, Francesco Bandarin, berichtet hatten, ist dieser mit dem weiteren Brückbau definitiv verloren. Die klare Botschaft sei, dass keine der bekannten Brücken-Alternativen welterbeverträglich sei. Ein Tunnel hingegen stelle zwar auch einen Eingriff dar, werde aber von der UNESCO als Kompromiss akzeptiert.

Der Spitzenverband der Bundeskulturverbände forderte Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) zum «Einlenken in letzter Minute» auf. Ein sofortiger Baustopp könne den Welterbestatus noch retten, so Geschäftsführer Olaf Zimmermann. Der Freistaat will das Welterbekomitee entweder zu einer Entscheidung für Brücke und Titel bewegen oder hofft auf eine endgültige Entscheidung erst nach Fertigstellung der Brücke, hieß es aus der Staatskanzlei. «Wir glauben nicht, dass das Welterbekomitee seine Haltung ein zweites Mal grundlegend verändert und sich doch wieder prinzipiell gegen eine Brückenquerung stellt», so Regierungssprecher Peter Zimmermann in einer Mitteilung. Die Verträglichkeit des veränderten Entwurfs mit dem Weltkulturerbe-Titel werde dann für jedermann sichtbar sein.

Gutachter der UNESCO hatten sich Anfang Februar ein Bild von der Situation in Dresden gemacht. Sie erarbeiten nun eine Empfehlung für die Tagung in Québec (Kanada). Nur dort werde die Entscheidung zur Waldschlößchenbrücke gefällt, so Regierungssprecher Zimmermann. Er kritisierte die «Privatreise» einiger SPD-Abgeordneter nach Paris als «nicht klug». Es laufe vielmehr dem umsichtigen Bemühen zuwider, das Welterbekomitee von der Vereinbarkeit von Welterbetitel und Brücke zu überzeugen. «Es ist sehr bedauerlich, dass das Engagement für eine friedensstiftende Lösung so hintertrieben wird.»

Der Chef der SPD-Landtagsfraktion, Martin Dulig, nannte die Äußerungen des Regierungssprechers «am Rande der Diffamierung». «Es hat eine offizielle Einladung der UNESCO gegeben», sagte er auf dpa-Anfrage. Die Aufgeregtheit der CDU lasse sich nur durch die fehlgeschlagene Brücken-Strategie erklären, das Thema bis zum Sommer hinzuziehen und Fakten zu schaffen.

Die Stadt ist weiter an den Bürgerentscheid von 2005 pro Brücke gebunden, so die Verwaltung in einem Statement. An den geltenden Rahmenbedingungen ändere sich auch nichts, sollte die UNESCO-Zentrale tatsächlich die Titel-Aberkennung vorschlagen. Bisher liege weder der Stadt noch dem Bund eine offizielle Stellungnahme aus Paris vor, kritisierte der amtierende Oberbürgermeister Lutz Vogel (parteilos).

Aus Sicht der Grünen würde nur noch ein Baustopp den nötigen Spielraum verschaffen, um den Titel zu retten. Vogel warnte in diesem Fall jedoch vor erheblichen Schadenersatzforderungen der betroffenen Unternehmen an die Stadt. Dem Stadtrat stehe aber eine erneute Beschäftigung mit der Brücke frei. Die nächste Sitzung ist für den 13. März geplant.

Sachsen beharrt unter Verweis auf einen Bürgerentscheid vom Februar 2005 auf dem Brückenbau, hatte aber Änderungen am Entwurf zugestimmt. Ein von Brückengegnern angestrebtes Bürgerbegehren für den Tunnel ist aus Sicht des Regierungspräsidiums rechtswidrig und könne nicht in einen Bürgerentscheid umgewandelt werden. «Wir sammeln mit Hochdruck weiter Unterschriften», sagte Thomas Friedländer von der Bürgerinitiative Welterbe Erhalten der dpa. Es hätten bereits 40 000 Menschen unterzeichnet.

«Der Erhalt des Welterbestatus ist nicht allein eine Dresdner oder sächsische Angelegenheit. Es geht hier vielmehr um eine Frage von nationaler Bedeutung», mahnte der Deutsche Kulturrat und rief zur Teilnahme an der Großdemonstration am Sonntag in Dresden auf. «Das Welterbe muss gerettet und zugleich die Verkehrsinfrastruktur verbessert werden», hieß es. Die Untertunnelung der Elbe wäre dafür eine geeignete Alternative.

dpa sb yysn z2 hro
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