Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 12.03.2008

Tillich gibt Vorstand der Landesbank die Alleinschuld

Eine Mitverantwortung für das Bank-Debakel streitet die Regierung weiterhin völlig ab.
 
Die Liste der Vorwürfe ist lang. Aber der Schuldige ist immer wieder derselbe: der Vorstand der Landesbank. Das liest zumindest die Regierung aus dem von ihr in Auftrag gegebenen Gutachten der Wirtschaftsprüfer von Ernst&Young, das gestern mit zweimonatiger Verspätung auszugsweise vorgestellt wurde.

Ein Befreiungsschlag für die Regierung sollte es werden. Raus aus der Dauer-Landesbankkrise. „Die Frage der politischen Verantwortung sollte nicht untersucht werden“, räumte Finanzminister Stanislaw Tillich (CDU) auch ein. Ansonsten hielt er sich gestern leicht nervös und angespannt fest an seinem Redemanuskript und zeichnete die Ursachen, Abläufe und Fehlentscheidungen nach, die laut Prüfbericht im vergangenen Sommer zur Fast-Pleite der Bank geführt hatten.

Fehlendes Risiko-Management

Fatalster Fehler: Die Vorstände haben laut Prüfbericht die über Jahre wachsenden Milliarden-Risiken aus dem außerbilanziellen Engagement der Landesbank schlichtweg unterschätzt. Geschäftsteile der Dubliner Tochter tauchten aufgrund einer Sonderregelung mit der Leipziger Bank-Zentrale gar nicht erst im Risikomanagement-System der Bank auf.

Bereits seit Ende 2003 schoss das Volumen der außerbilanziellen Zweckgesellschaften von rund vier Milliarden auf 26 Milliarden Euro bis Mitte 2007. Hinzu kamen weitere komplexe Anlage-Produkte, sogenannte Synthetic Assets, die im Juni 2007 ebenfalls bereits rund 13 Milliarden Euro umfassten. Erst als es hier im August 2007 zu einem Ausfall von 250 Millionen Euro kam, geriet die Bank in Schieflage. Erst danach wurden im Zuge der Krisenbewältigung die anderen faulen Eier im Portfolio der Bank entdeckt. Auch alarmierende Kritik der Bankenaufsicht (BaFin) im Frühjahr 2005, die gravierende Mängel im Risiko-Management der Bank feststellte, wurde offenbar nicht ganz ernst genommen. Sogar die im Frühjahr aufziehende US-Immobilienkrise führte nicht etwa zu größerer Vorsicht. Im Gegenteil: Es wurde mit „Sachsen Funding“ zeitgleich sogar noch eine neue Gesellschaft aufgelegt und das Risiko-Volumen weiter aufgepumpt. Erstmals im Juli habe sich der Vorstand mit der US-Krise beschäftigt. Die häufigen Vorstandswechsel hätten zudem zu einem „Informationsverlust“ geführt.

Unvollständige Bilanzen

Die Hinweise auf die außerbilanziell geführten Risiken bei der irischen Zweckgesellschaft „Ormond Quay“ seien in den Geschäftsabschlüssen ab 2004 gar nicht aufgetaucht. Dennoch gaben renommierte Wirtschaftsprüfer die Berichte ohne Beanstandung frei.

Mangelnde Information

Auch die Aufsichtsgremien befreite Tillich gestern zugleich pauschal von jeglicher Schuld. Sie wurden „nicht in dem Umfang informiert, wie sie hätten informiert werden müssen“. Damit nahm Tillich eine ganze Reihe von Spitzenpolitikern von CDU und SPD in Schutz. Dabei berichten frühere Verwaltungsratsmitglieder nach SZ-Recherchen übereinstimmend, dass ihnen auch auf Nachfrage hin Informationen schlichtweg verweigert wurden – auch durch Tillichs Amtsvorgänger Horst Metz (CDU). Doch auch Metz sei durch den Vorstand eben nicht ausreichend informiert worden, stellte sich Tillich vor Metz.

Opposition reagiert empört

FDP, Grüne und Linkspartei reagierten gestern mit Empörung und Unverständnis auf den von der Regierung vorgelegten Prüfbericht. Er sei „kein Persilschein für die Regierung“, so die FDP. Die Grünen kritisierten, dass Regierungschef Georg Milbradt (CDU) versuche, sich hinter dem Gutachten „wegzuducken“. Doch auch die Linkspartei sieht Milbradt dadurch keineswegs entlastet. Milbradt selbst meldete sich gestern nur in einer Pressemitteilung zu Wort: Er freue sich, dass die Fusion mit der Landesbank Baden-Württemberg gelungen sei.
Von Annette Binninger

Karl Nolle im Webseitentest
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