Karl Nolle, MdL

Neues Deutschland ND, 12.03.2008

Eine Entlastung wie bestellt

Auftragsgutachten: Kontrolleure der SachsenLB waren unwissend
 
Die Aufsichtsgremien der SachsenLB waren über riskante Geschäfte nicht informiert, so ein von der Regierung bestelltes Gutachten. Die Opposition sieht CDU-Ministerpräsident Georg Milbradt dennoch nicht entlastet.

Das Kabinett gab sich konsterniert. Die Minister hätten »mehr als Fragezeichen im Gesicht« gehabt, berichtete Sachsens Finanzminister Stanislaw Tillich (CDU), nachdem er gestern ein Gutachten der Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young in der Ministerrunde vorgestellt hatte. Die Prüfer hatten im Auftrag der Regierung untersucht, ob bei der Beinahe-Pleite der Landesbank die Kontrollen versagt haben. Tillichs Fazit: Die Gremien seien gar nicht ausreichend informiert worden, als dass sie ihre Aufsichtspflicht hätten erfüllen können.

Das Ergebnis überrascht nicht, hält man sich vor Augen, wie die Expertise zustandekam. Nachdem die Bank, die durch spekulative Geschäfte ihrer Dubliner Tochter ins Trudeln geraten war, Ende 2007 nur durch einen Notverkauf vor dem Zusammenbruch bewahrt worden war, geriet Ministerpräsident und Ex-Finanzminister Georg Milbradt(CDU) unter Druck; selbst der Koalitionspartner SPD wies auf seine politische Verantwortung hin. Milbradt aber vertröstete die Kritiker: Zunächst sollten die Abläufe in der Bank geprüft werden.

In dem Gutachten, das eigentlich schon im Januar hatte vorliegen sollen, stellen die Prüfer den Vorständen der Bank ein vernichtendes Zeugnis aus. Noch mitten in der Finanzmarktkrise 2007 habe im Institut »keine ausreichend< Kenntnis der Risikolage mehr bestanden«. Eine Garantieerklärung für die Übernahme aller Risiker einer außerbilanziellen Zweckgesellschaft sei »offenbar nicht in. den Risikomanagementsystemen der Bank erfasst« worden und habe in Risikoberichten »keinen Niederschlag« gefunden. Das soll Konsequenzen haben: Tillich will den Bericht der Staatsanwaltschaf übergeben und auch Schadenersatzklagen prüfen.

Während den Managern der Bank mit juristischen Schritten gedroht wird, hält Tillich deren Aufsehern ihre Ahnungslosigkeit zugute: Den Gremien war es demnach »nicht möglich, sich ein Bild von der tatsächlichen Risikolage der Bank zu machen«. CDU-Fraktionschef Fritz Hähle betonte umgehend, Milbradt sei »seiner politischen Verantwortung jederzeit gerecht geworden«. Auch SPD-Fraktionschef Martin Dulig, der Milbradt im Dezember noch scharf attackiert hatte, sieht die Kontrollgremien nun entlastet.

Dagegen erklärte der SPD-Abgeordnete Karl Nolle, Milbradt trage »alleine die politische Verantwortung« für das Debakel der Bank. Er wolle »die Milliarden-Pokerspiele nicht gekannt haben, obwohl dies seit Jahren öffentlich bekannt war«. Schon 2005 hatten die Wirtschaftsprüfer von KPMG auf hohe außerbilanzielle Risiken verwiesen. Auch Ronald Weckesser, Finanzexperte der LINKEN, sieht Milbradt »politisch nicht entlastet«. Dieser habe »offensichtlich unfähige Manager an der Bankspitze über viele Jahre protegiert«. Zudem gehe er davon aus, dass Milbradt im Gegensatz zu den Aufsichtsgremien »laufend auch persönlich über die Details« der riskanten Bankgeschäfte informiert war. Er verwies auf Unterlagen des Untersuchungsausschusses zur SachsenLB, vor dem Milbradt am Monatsende als Zeuge vernommen wird - über volle zwei Tage.
Von Herdrik Lasch, Dresden

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