Freie Presse Chemnitz, 20.03.2008
Putsch ohne Anführer - Der Wirbel von Spekulationen um Milbradt-Nachfolge lässt nach
Kommentar von Hubert Kemper
Klartext aus dem Umfeld des Ministerpräsidenten und CDU-Parteichefs: Wer Georg Milbradt ablösen will, der muss in den Ring treten und sich als Herausforderer bekennen. Für halbe Sachen, so sagt sein Generalsekretär, sei der Amtsinhaber nicht zu haben. Mit anderen Worten: Milbradt wird seine Ämter postwendend abgeben, wenn die Partei von ihm verlangt, einen möglichen Nachfolger als Spitzenkandidat bis zum Wahltermin im Herbst 2009 zu begleiten, um dann selbst die Bühne freizugeben.
Was wie die Verkündung einer Selbstverständlichkeit klingt, soll innerhalb der CDU die Wirkung eines Befreiungsschlages auslösen. Die Treffer gehen vor allem in Richtung Landtagsfraktion. So amateurhaft wie manche Gesetze in dieser Legislatur von einer duckmäusigen Abgeordnetenschaft verabschiedet und korrigiert worden sind, so laienhaft planen hier einige Unzufriedene die Ablösung Milbradts. Die Lunte legen sie bei Flur-und Kantinengesprächen. Doch weder wissen sie, wer das Streichholz zündet, noch steht ein Bewerber bereit, der es mit dem Amtsinhaber aufnehmen will.
Für bessere Sympathiewerte in der Fraktion hat Milbradt nur selten gearbeitet. Raubauzigkeit und Besserwisserei hinterließen Spuren. Spätestens mit der Sachsen-LB-Affäre hat er sich in seiner Kernkompetenz, der Finanzpolitik, angreifbar gemacht. Mancher Parlamentarier wälzt die Sorge über mangelnde Zugkraft im eigenen Wahlkreis auf Milbradt ab. Doch an dessen Kompetenz und Kampfgeist können sich die meisten Akteure ein Beispiel nehmen.
Kurt Biedenkopf schien alle zu überstrahlen, als Milbradt ihn zermürbte und zum Rücktritt zwang. Ein Konkurrent, der ihn nunmehr selbst zur Aufgabe zwingt, ist nicht in Sicht. Thomas de Maiziere, den Kompetentesten aus der Kandidatenriege, wird Angela Merkel nicht aus dem Kanzleramt freigeben.
Steffen Flath, der lange als Kronprinz gehandelt wurde, strebt nicht zu höchsten Ehren und gilt als künftiger Fraktionschef. Auch Stanislaw Tillich, den Finanzminister, drängt nicht nach dem Griff zur Macht. Als derzeit aussichtsreichster Bewerber kann er noch warten. Ob noch vier Jahre, wie Milbradt denkt, wird man sehen.
Solide 4o Prozent sprechen die Umfragen der sächsischen Union zu. Das ist mehr als im Bund und überragend im Ost-Vergleich. Wer Milbradt ablösen will, muss sich zutrauen, dieses Ergebnis zu toppen und damit in die Nähe bayerischer Verhältnisse zurückzukehren. Ein waghalsiges Manöver, vor dem die Putsch-Amateure spätestens nach den Kommunalwahlen im Juni zurückschrecken könnten.