Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp-lsc, 13:57 Uhr, 28.03.2008

Untersuchungsausschuss vernimmt Milbradt

Regierungschef soll am Montag und Dienstag zum Niedergang der Sachsen LB aussagen
 
Dresden (ddp-lsc). Vor einem Vierteljahr schien Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) politisch erledigt zu sein. Zwar hatte er im Dezember 2007 selbst dafür gesorgt, dass die notleidende Sachsen LB an die Landesbank Baden-Württemberg verkauft wurde. Doch der Preis dafür schien zu hoch: Mit 2,75 Milliarden Euro haftet der Freistaat für mögliche Verluste. Koalitionspartner SPD legte dem Regierungschef damals unverhohlen den Rücktritt nahe - und auch in den eigenen Reihen begann man Wetten darüber abzuschließen, wie lange Milbradt noch im Amt bleiben könne.

Die Antwort auf diese Frage dürfte nicht unwesentlich vom Auftritt des 63-Jährigen am Montag und Dienstag im Sachsen-LB-Untersuchungsausschuss abhängen. Tatsächlich gilt Milbradt - von 1990 bis Februar 2001 Finanzminister und seit Mai 2002 Ministerpräsident - als Schlüsselfigur der Affäre.

Der gebürtige Sauerländer stand als treibende Kraft hinter der Gründung der einzigen selbstständigen ostdeutschen Landesbank Sachsen LB Anfang 1992. Bis Anfang 2001 leitete er deren Verwaltungsrat.

Zwar war die irische Banktochter Sachsen LB Europe, deren riskante Geschäfte im vergangenen Jahr schließlich zum Beinahe-Kollaps der Landesbank führten, bereits 1999 gegründet worden. Die dafür grundlegende strategische Neuausrichtung der Bank beschloss der Verwaltungsrat indes erst am 30. Oktober 2001 - als der heutige Kanzleramtschef Thomas de Maizière (CDU) Finanzminister und damit Verwaltungsratschef war. Die verhängnisvolle Ausweitung der Dubliner Geschäfte fiel wiederum in die Amtszeit von Horst Metz (CDU), der von Mai 2002 bis zum September 2007 Finanzminister war.

Das Lager von Milbradt pocht darauf, dass er nach seinem Ausscheiden als Finanzminister formal nichts mehr mit der Bank zu tun gehabt habe. «Einmal sehr intensiv unterrichtet» worden sei Milbradt, allerdings «in einer ganz anderen Frage, die die Bank betraf», erklärte Staatskanzleichef Michael Sagurna (CDU) vor zwei Monaten.

Zuvor hatte die Linksfraktion in ihrer Broschüre das Faksimile eines Fax-Anschreibens an die Staatskanzlei publiziert. Laut dem auf den 4. Februar 2005 datierten Schreiben des Vorstandsstabs der Bank hat Milbradts Büro «streng vertraulich» eine Vorlage für die anstehende Verwaltungsratssitzung zur früheren Leasingtochter MDL erhalten. Der Rechtsstreit zwischen dieser Firma des inzwischen verstorbenen Geschäftsmanns Ludwig Hausbacher und der Landesbank endete schließlich im Oktober 2006 mit einem Vergleich und der Zahlung von knapp 15 Millionen Euro an den Tutzinger.

«Wer sich um ein paar Bank-Millionen von Ludwig Hausbacher kümmert, nicht aber um die Milliarden-Pokerspiele in Dublin, wie Milbradt behauptet, der hat gründlich seinen Job verfehlt», sagt SPD-Ausschussobmann Karl Nolle dazu. Dies wäre so, als ob sich ein Firmenchef lediglich «um die Seife in den Waschräumen» seines Unternehmen kümmere. Nolle jedenfalls sieht «genügend eindeutige Anhaltspunkte dafür, dass Milbradt auch als Ministerpräsident über die Geschehnisse in der Sachsen LB informiert war und regelmäßig informiert wurde».

Auch nach Überzeugung des Obmanns der FDP-Fraktion im Untersuchungsausschuss, Andreas Schmalfuß, kann sich Milbradt keineswegs darauf zurückziehen, seit Februar 2001 nicht mehr in einem der Bankgremien vertreten gewesen zu sein. Als Ministerpräsident trage er schließlich die Gesamtverantwortung. Spätestens seit 2005, seit sich «im Landtag alle demokratischen Parteien mit Ausnahme der CDU mit dem Thema Sachsen LB befassten», habe er von den Problemen bei der Landesbank Kenntnis erhalten und hätte gegensteuern müssen. Die Bank habe bereits seit ihrer Gründung 1992 versäumt, ihren gesetzlich vorgeschriebenen Auftrag zur Unterstützung der sächsischen Wirtschaft und Sparkassen zu erfüllen.

Schmalfuß rechnet vor, dass das Abenteuer Sachsen LB den Freistaat rund vier Milliarden Euro kosten könnte. Die Ausfallgarantie von 2,75 Milliarden Euro, deren Fälligkeit Milbradts Kritiker als überaus wahrscheinlich ansehen, sei längst nicht alles: Hinzu komme auch noch der Verlust des größten Teils des Eigenkapitals der Sachsen LB in Höhe von 1,5 Milliarden Euro durch den Verkauf an die Landesbank Baden-Württemberg, für den Sachsen unter dem Strich lediglich 300 Millionen Euro erhalten habe.
Von ddp-Korrespondent Tino Moritz

ddp/tmo/iha
281357 Mrz 08

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